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Hartmut Mehdorn hat zumindest glaubwürdig vermitteln können, dass es voran geht am BER.

© Ralf Hirschberger/dpa

Zum Rücktritt von Hartmut Mehdorn: Am BER ist etwas geschehen

Hartmut Mehdorn geht als Flughafenchef. Zum Abschied ist zu sagen: An dem, was er vorfand, ist er nicht schuld. Und immerhin war er überzeugender als seine Vorgänger. Ein Kommentar.

Als Hartmut Mehdorn am 11. März 2013 sein Amt als Geschäftsführer der Berliner Flughafengesellschaft antrat, bat er zunächst um Verständnis. „Das ist eine schwierige Zeit, das wissen Sie alle“, sagte er an seinem ersten Arbeitstag. Und fügte etwas kryptisch hinzu: „eine Zeit, in der wir uns alle wirklich bemühen müssen, das bisschen demolierte Vertrauen in die Öffentlichkeit mit dem BER wieder herzustellen Was wir uns wünschen ist, dass Sie uns vielleicht in der Zukunft mit dem, was wir tun, ein bisschen mit Vorschusslorbeeren versehen. Wir werden hier alles tun, um die Fertigstellung des Flughafens zu beschleunigen“.

Zwei Jahre später hört Mehdorn auf, und wir wissen immer noch nicht so genau – ein großer Redner ist er nun mal nicht–, wie er das damals mit dem Vertrauen gemeint hatte. Ob es nur ein bisschen davon gab, ob es ein bisschen demoliert war, ob es um das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Fähigkeit der Flughafenmanager ging, oder ob die BER-Geschäftsführer nicht sicher waren, ob sie der Öffentlichkeit trauen konnten. Am Ende ist das auch egal. Zu streiten, ob mit Mehdorn etwas schneller gegangen ist, als es ohne ihn abgelaufen wäre, ob ein anderer es besser oder weniger schlecht gemacht hätte, ist müßig. Wir wissen es nicht.

Ein besserer Chef als seine Vorgänger

Fest steht nur eins: Er war ein besserer und überzeugenderer Chef als seine Vorgänger. Nicht nur, weil er seine Arbeitszeit voll dem Flughafenbau widmete und nicht, wie seine Vorgänger, nebenbei oder vor allem an seiner Promotion werkelte oder an der Verbesserung seines Handicaps beim Golf. Man könnte das bei Jahreseinkommen von mehreren hunderttausend Euro für selbstverständlich halten, das war es aber offensichtlich nicht. Wegen einer nicht korrekt eingelösten Pfandmarke fliegt in Deutschland eine Supermarktkassiererin fristlos – in der Leitungsebene der deutschen Wirtschaft werden offensichtlich andere Dinge hingenommen und gedeckt.

Nicht bei Mehdorn. Der war und ist eine ehrliche Haut, und er hat zumindest überzeugend den Eindruck vermittelt, dass da draußen in Schönefeld permanent etwas geschieht. Man kann sich heute darüber amüsieren, dass er seinen Aufsichtsrat dauernd mit neuen Vorschlägen für eine Teilinbetriebnahme verwirrte. Aber geblieben ist davon die Erkenntnis, dass es aus Kapazitätsgründen vorerst nicht ohne den alten Flughafen Schönefeld gehen wird. Und die, dass man durchaus Teile des Flughafens nacheinander in Betrieb nehmen kann und so das Risiko einer Totalpleite bei einer Eröffnung auf einen Schlag reduziert. Das Prinzip des „soft opening“ ist inzwischen bei Großprojekten der Infrastruktur gang und gäbe.

Das CSU-geführte Verkehrsministerium nutzte das BER-Chaos aus

Was Mehdorn auch so nicht voraussehen konnte: dass seinem Projekt wegen der komplizierten Eigentümerstruktur – Berlin, Brandenburg und der Bund sind Gesellschafter – aus politischen Gründen immer wieder Steine in den Weg gelegt wurden. Aus dem CSU-geführten Verkehrsministerium wurde vor allem in der Ära Ramsauer so ziemlich jede Gelegenheit genutzt, die SPD-geführten Landesregierungen in Potsdam und Berlin als unfähig darzustellen.

Mehdorns beste Entscheidung in den zwei Jahren war vermutlich, dass er sich mit dem Siemens-Mann Jörg Marks einen exzellenten Technikgeschäftsführer holte. Der sorgte dafür, dass ein paar tausend Kilometer falsch gelegte Verkabelungen rausgerissen wurden und gewann schnell das Vertrauen der in den Bau eingebundenen deutschen Technologiekonzerne. Einen davon, Siemens, kannte er ja wie seine Westentasche. Wenn die komplexe Entrauchung funktioniert, liegt das auch an Marks’ unaufgeregter systematischer Arbeit.

Selbst Mehdorn wurde irgendwann ratlos

In einem Interview mit dem Tagesspiegel hat Mehdorn im Dezember vergangenen Jahres zu erkennen gegeben, dass selbst ein zupackender Manager wie er beim Chaosprojekt BER irgendwann ratlos geworden sein könnte. Auf die Frage, ob er in Schönefeld an die Grenzen des Machbaren gestoßen sei, war seine Antwort im O-Ton: „Das ist sicher so… es ist auch ein ganz anderes Unternehmen als alles, was ich jemals in die Finger gekriegt habe.“

Zwei Jahre nach seiner kurzen Antrittsrede vom 11. März 2013 könnte Hartmut Mehdorn nun zum Abschied die Worte von damals noch einmal wiederholen. Der Vorschusslorbeer, den er tatsächlich bekommen hatte, ist lange vertrocknet. Nach Erfolgsbilanz sieht das alles nicht aus. Aber vielleicht muss man ihm wie uns allen zugute halten, dass wir 2013 allenfalls ahnen, aber nicht zwingend wissen konnten, wie unverfroren und systematisch wir über die tatsächlichen Zustände am BER angelogen worden waren.

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