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Berlin: Zum Schluss noch eine Drohgebärde

Untersuchungssausschuss zu Howoge-Affäre: Senatorin Junge-Reyer blieb bei ihrer Version – und gab freiwillig Unterlagen heraus

Der Obmann der FDP-Fraktion Sebastian Kluckert im Untersuchungsausschuss zur Howoge-Affäre drohte damit, die Unterlagen, die Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) zur Sitzung mitgebracht hatte, beschlagnahmen zu lassen. Doch die gab die Korrespondenz und Materialien, die sie von der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft erhalten hatte, auch ohne Druck her – der Skandal blieb aus.

Die letzte Sitzung des Untersuchungsausschusses zur Affäre um die illegale Vergabe von Aufträgen durch die landeseigene Wohnungsbaugesellschaft Howoge an die Firma des früheren SPD-Abgeordneten Ralf Hillenberg endete geräuschlos. Zwar forderte nach dem Abschluss der Anhörungen auch die CDU-Fraktion noch einmal den Rücktritt der Senatorin für Stadtentwicklung – doch dafür wogen die Vorwürfe nicht schwer genug.

Dabei hatte die Opposition gehofft, dass die Entdeckung eines Briefes in den Akten der Senatsverwaltung für Finanzen dazu dienen könnte, die Senatorin eines „gestörten Verhältnisses zur Wahrheit“ zu überführen, wie es Grünen-Obmann Jochen Esser ausdrückte. In dem Brief aus dem Jahr 2002 hatte der damalige Howoge-Geschäftsführer Ekart Baum bereits von „freihändigen Vergaben“ geschrieben. Freihändige Vergaben hatten auch dessen Nachfolger gut acht Jahre später den Job gekostet.

Allerdings hatte sich inzwischen die Rechtslage verändert. Unklar bleibt allerdings, warum die sonst gut informierte Senatorin diese Auseinandersetzung um die Ausschreibungspflicht öffentlicher Gesellschaften nicht bereits bei ihrer ersten Anhörung geschildert hatte. So gab sie selbst der Opposition die Gelegenheit ihr vorzuwerfen, sie habe nur scheibchenweise die Wahrheit gesagt.

Das gehört zu den nicht beantworteten Fragen im Ausschuss. Den Beweis, dass die Senatorin seit 2002 von illegalen Vergaben bei der Howoge gewusst hat – und nicht erst im Jahr 2010, wie sie bei der ersten Anhörung erklärt hatte, brachte die zweite Anhörung indes auch nicht.

In dem Brief gehe es nicht um illegale Vergaben, sondern um freihändige Vergaben, erklärte die Senatorin. Und „eine freihändige Vergabe ist ein völlig normales und legitimes Mittel, Bauleistungen zu vergeben“. Erst oberhalb einer bestimmten Auftragssumme sei eine öffentliche Ausschreibung verpflichtend. Gegen diese Regel hatten die freigestellten Howoge-Chefs vielfach verstoßen und wurden deshalb entlassen. Zu Recht aus Sicht von Junge-Reyer, denn sie hatten illegal gehandelt. Sie hatten außerdem gegen die Aufforderung zur Einhaltung der Ausschreibungsregeln verstoßen, die Junge-Reyer im Jahr 2002 an alle Wohnungsbaugesellschaften geschickt hatte.

Der Widerspruch erklärt sich größtenteils so: Bis zum Jahr 2003 schrieben die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften Aufträge nur aus, wenn öffentliche Mittel eingesetzt wurden. Die Experten stritten bundesweit, ob landeseigene Firmen überhaupt ausschreiben müssen. Der frühere Howoge-Chef Eckart Baum, Vorgänger der infolge der Affäre freigesetzten Manager, gab als Grund dafür die günstigeren Preise an, die ohne Ausschreibungen zu erzielen seien. Erst ein Kammergerichtsurteil beendete den Streit zugunsten Junge-Reyers Position. „Danach war es ausgekämpft“, sagte sie.

Der „Kurswechsel“ in der Rechtsprechung habe sich bereits zu seiner Zeit als Howoge-Chef abgezeichnet, sagte Baum, der bis 2002 im Amt war. Und hätte er weiter die Geschäfte geführt, dann hätte er verstärkt öffentlich ausgeschrieben, erklärte Baum. Er hätte die Konsequenzen aus dem Urteil gezogen, das seine Nachfolger später ignorierten.

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