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Berlin: Zurück in der Manege

Für den Weihnachtszirkus im Tempodrom setzt Roncalli-Direktor Bernhard Paul die rote Clownsnase wieder auf und spielt seine Paraderolle „Zippo“.

Jetzt lebt er wieder den Traum, den er schon als kleiner Junge hatte. „Eigentlich wollte ich ja nie Zirkusdirektor werden, sondern immer nur Clown“, sagt Bernhard Paul. Schmunzelt, zupft sich am Schnauzer, streicht über die schon etwas schüttere, graue Löwenmähne und hält den noch druckfrischen Prospekt zum Roncalli-Weihnachtszirkus im Tempodrom hoch. Darin ist die Wiedergeburt einer legendären Spaßnummer groß angekündigt. Bernhard Paul, der Mann, der Roncalli vor 37 Jahren erfunden und zu einer Marke entwickelt hat, kehrt zurück in die Manege. Beim 9. weihnachtlichen Gastspiel in Berlin seit 2004 setzt sich der Roncalli-Direktor wieder die rote Knollennase auf und spielt seine Paraderolle: den Clown „Zippo“.

Warum liefert sich der 65-Jährige erneut dem Lampenfieber aus, das selbst ihn, einen altgedienten Profi, „immer wieder heftig“ packt? Er könnte ja auch anders. Zum Beispiel seinen langsamen Rückzug aus dem Direktoren-Zirkuswagen vorbereiten und sich öfter auf der Terrasse mit Meerblick entspannen, die zu seinem Anwesen auf Mallorca gehört. Doch nein, Bernhard Paul ist noch längst nicht reif für die Insel. Er setzt eher auf den freiwilligenUnruhestand. „Ich will back to the roots“, sagt er am Montag im Tempodrom bei der Präsentation des Weihnachtsprogramms – zurück zu seinen Wurzeln. Er will Menschen zum Lachen bringen, und zwar alle vom Kleinkind bis zum Intellektuellen. „Das ist doch was ganz Faszinierendes.“

Im Tempodrom will er das gemeinsam mit einem Partner schaffen. In die Manege kommt Paul mit dem belgischen Clownstar Jan van Dyke, der schon als 18-Jähriger im Antwerpener Varieté „Ancienne Belgique“ Erfolge feierte und mit wenig Worten, aber vielen Gesten gerne ein mittleres Chaos anrichtet. Keine Frage: auch Zippos rührend-komischen Klassiker „Bienchen, Bienchen, gib mir Honig!“ werden die beiden spielen. Den werden zwar viele der Zuschauer schon kennen, aber es gibt eben Sketche, die mag man gerade wegen ihrer Berechenbarkeit. Außerdem sei der Clown „als Antiheld“ ein jahrhundertealtes Erfolgsmodell. „Keiner will doch eine rote Nase haben, aber genau deshalb wird jeder, der sich mutig eine aufsetzt, geliebt – auch von mir“, sagt Paul. Doch es wird nicht nur Altbewährtes geben. Die zwei haben sich auch „Überraschungen“ ausgedacht, und sie geben „mehr Gas“: Im digitalen Zeitalter, so Paul, müsse man das Timing schneller setzten.

Dass der Roncalli-Gründer jetzt guten Gewissens mal wieder den Clown Zippo spielen kann, verdankt er auch seiner Familie. Denn zusammen mit der italienischen Artistin Eliana Larible hat er drei Kinder, die ihn inzwischen im Zirkusalltag kräftig unterstützen: Die 23-jährige Vivi geht im Tempodrom am Ring in die Luft und verbiegt ihre Gliedmaßen, als wären sie aus Gummi. Sie unterstützt den Vater auch im Management, bei Werbung und künstlerischer Planung. Sohn Adrian, 21, kümmert sich meist um Technik und Bühnenregie. Und auch das vierzehnjährige Nesthäkchen Lili trainiert schon professionell Kunststücke. Gemeinsam hat das Trio für den Weihnachtszirkus in Berlin eine Nummer einstudiert, die sie zum Start der Show zeigen. „Sie sind auf Rollschuhen unterwegs“, sagt Paul. Mehr will er nicht verraten. Schließlich wusste auch er lange Zeit nichts davon. Die Kinder wollten ihn überraschen. „Sie haben ihr Stück heimlich vorbereitet.“

Dafür revanchiert sich der Vater, weiht die jungen Pauls nach und nach „in die Kunst des fast Unmöglichen ein: einem Zirkus das Überleben zu sichern“. Und hofft, dass sie Roncalli irgendwann ohne seine tägliche Präsenz als Familienunternehmen im selben Sinne weiterführen können: Mit Romantik, Poesie, Liebe zum Detail und dem Wunsch, das Publikum zum Staunen zu bringen.

Unter dieser Prämisse hat er auch das jetzige Programm zusammengestellt. Weißclown Gensi soll sich in die Herzen geigen, „Ponyflüsterer“ Karl Trunk stürmt mit Minipferden in die Runde, Michael Ortmeier läuft über 60 Glasflaschen, der Schweizer Claude Criblez lässt einen riesigen Delfin durchs Tempodrom schweben und durch Rauchringe springen.

Das kommt an, da ist sich Paul ganz sicher. Zumal er bis ins Kleinste vorgesorgt hat. Auch beim Licht. „Die neuen Sparlampen leuchten doch furchtbar“, sagt er. „Die haben keine Wärme.“ Er hat deshalb für zehn Jahre Glühbirnen gehortet.

Roncalli-Weihnachtscircus, 19. Dezember bis 6. Januar, 19 - 49 Euro p.P., Tickettelefon: 030-47997477, www.roncalli.de.

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