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Berlin: Zwei Sekunden zu spät

Prozess nach dem Unfalltod eines alten Ehepaares Zwei Autofahrer wurden zu Geldstrafen verurteilt

Der 80-jährige Mann benutzte eine Gehhilfe. Seine 68-jährige Frau hatte sich bei ihm untergehakt. Oft haben sie so die drei Spuren der Straße am Treptower Park überquert. Es war zur Gewohnheit geworden, nicht extra zur Fußgängerampel zu gehen. Doch am 11. Dezember 2006 wurde die Abkürzung zum Verhängnis: Gerhard und Christel F. wurden auf der Mittelspur von einem Mazda erfasst, auf die linke Fahrspur geschleudert, dort von einem Opel überrollt – und starben. Gestern standen nun die beiden beteiligten Autofahrer vor Gericht.

Zwei Männer, die sich bis zu jenem Morgen noch nie begegnet waren. Der Mazda-Fahrer ist 40 Jahre alt, Computerspezialist und hat zwei Kinder. Der zwei Jahre ältere Opel-Fahrer ist Elektriker. Mit der Strafjustiz hatten beide Männer bislang nichts zu tun. Zu dem Vorwurf der fahrlässigen Tötung schwiegen sie. „Es ist sehr tragisch. Keine Seite sollte das erleben“, sagte der Mazda-Fahrer nur. Er und der Mann im Opel waren versetzt unterwegs im Berufsverkehr. Ein Gutachter kam zu der Auffassung, dass der Mazda-Fahrer die Fußgänger spätestens etwa 70 Meter vorher hätte sehen müssen. Es sei durch mangelnde Sorgfalt zum Aufprall gekommen. „Zwei Sekunden vorher hätte er reagieren müssen.“ Für den Opel-Fahrer sei die Sicht schlechter gewesen, aber auch er hätte nach Auffassung des Experten das Paar sehen können.

Im Bremsen hatte der Mazda-Fahrer das Ehepaar erfasst. Der Mann wurde auf die Motorhaube und dann mit seiner Frau auf die linke Fahrbahn geschleudert. Gerhard F. starb noch am Unfallort. Christel F. erlag wenige Stunden später in einer Klinik ihren Verletzungen. Eine Augenzeugin hatte im Prozess erklärt, beide seien langsam über die Straße gegangen. Die Staatsanwältin ging schließlich davon aus, dass sich der Mazda-Fahrer, nicht aber der Opel-Fahrer der fahrlässigen Tötung schuldig gemacht habe. Die Verteidiger plädierten beide auf Freispruch. Im Falle des Opel-Fahrers ging es zudem um einen zweiten Unfall im Januar 2007, bei dem er einen 76-jährigen Rentner angefahren und verletzt haben soll.

Das Amtsgericht Tiergarten hielt die Angeklagten für schuldig. Beide hätten das Rentnerehepaar wahrnehmen können, beiden sei der Vorwurf der Unachtsamkeit zu machen. Allerdings sei ein Mitverschulden der Opfer strafmildernd anzurechnen. Gegen den Mazda-Fahrer erging eine Geldstrafe von 7200 Euro (120 Tagessätze zu je 60 Euro), gegen den Opel-Fahrer für beide Unfälle 3600 Euro (90 Tagessätze zu 40 Euro). K. G.

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