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Berlin: Zwei zu eins für Kerry

Die offizielle Berliner Wahlparty im Amerika-Haus

Der amerikanische Wahlkampf ist vermutlich so verbissen wie noch nie geführt worden - aber die offizielle Wahlparty im Amerika-Haus blieb davon nahezu unberührt. Botschafter Coats begrüßte seine Gäste gut gelaunt und hielt sich aus der Schlacht heraus. „Wir feiern heute keinen Sieger“, sagte er, „sondern die Demokratie“, eine weise Haltung angesichts der Tatsache, dass die Feier gegen 23 Uhr, also lange vor dem Eintreffen definitiver Ergebnisse, endete.

Ein wenig Talk vornweg, getönt von heiterem Zweckpessimismus. Jeff Gedmin vom Aspen-Institut, ein erklärter Republikaner, äußerte die Prognose, Kerry werde vermutlich gewinnen. Der Harvard-Professor James Cooney, ein Kerry-Anhänger, erklärte das Gegenteil: „Es gibt viele Gründe, warum man Bush nicht wählen sollte, aber er wird doch gewählt werden.“ Und William Chandler von der Universität San Diego, ein Mann der Mitte, gab sich schwankend: Vor drei Monaten habe er noch vermutet, dass Bush gewinnt, „jetzt habe ich das Gefühl, eher Kerry.“ Zwei zu eins für Kerry also, allerdings mit einem wichtigen Zusatz des Experten Cooney: „Bush, das sagt mir mein Bauchgefühl, und das hat seit 1976 noch nie getrogen“. Es entspann sich unter der moderierenden Aufsicht von Cherno Jobatey eine kurze Kontroverse über die Frage, ob Fakten im Wahlkampf wichtig gewesen seien, und schließlich setzte James Cooney eine Baseball-Mütze mit einem großen B auf. Der Staat Massachussetts, Kerrys Heimat, habe schon gewonnen, erklärte er, denn die Boston Red Sox seien Meister, egal, was mit Kerry passiere. Replik Gedmins: „So läuft es bei den Kerry-Leuten. Alles vorbereitet!“

Die überwiegend wohl deutschen Gäste strömten sodann ins überfüllte Foyer, wo deutsche Laugenstangen und amerikanische Bagels mit Cream Cheese friedliche Koexistenz probten. Biertrinker hatten die Wahl zwischen Kindl und Michelob, Weinfreunde zwischen weißem und roten Kalifornier. Mittendrin flimmerten zahllose Bildschirme mit den Wahlauftritten der Kandidaten, mit Prognosen, Analysen, Landkarten, im Saal plätscherte solider Country-Rock. Und das beste Symbol der Veranstaltung drückte der Botschafter dem Moderator Jobatey in die Hand: einen Berliner Bären in der unverwechselbaren Haltung der Freiheitsstatue.

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