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Berlin: Zweiter V-Mann angeklagt

Verfassungsschutz-Affäre: Der Neonazi Toni S. soll beim Vertrieb rechtsextremer Musik mitgewirkt haben

In der V-Mann-Affäre steht ein zweiter Prozess bevor. Die Staatsanwaltschaft Berlin hat jetzt Anklage gegen Toni S. erhoben. Der V-Mann des Brandenburger Verfassungsschutzes war bei einer umstrittenen Razzia der Berliner Polizei im Juli festgenommen worden. Was die Staatsanwaltschaft dem 27-jährigen Neonazi konkret vorwirft, ist noch nicht bekannt. Toni S. hatte, wie auch ein V-Mann des Bundesamtes für Verfassungsschutz, beim Vertrieb der CD „Noten des Hasses“ mitgewirkt. Auf dieser Platte ruft die rechtsextreme Band „White Aryan Rebels“ zum Mord an Michel Friedman, Rita Süssmuth, Alfred Biolek und anderen Prominenten auf. Außerdem soll sich Toni S. um den Druck des Booklets und des Covers der CD gekümmert haben. In einem ersten Verfahren hatte das Amtsgericht Tiergarten am 9. September den Berliner Neonazi Lars B. wegen seiner Beteiligung an Produktion und Vertrieb der CD zu einem Jahr und zehn Monaten auf Bewährung verurteilt. Dieses Verfahren ist rechtskräftig abgeschlossen, Lars B. verzichtete auf Revision oder Berufung.

Die Berliner Polizei hatte, wie berichtet, im Juli ein Neonazi-Konzert in Marzahn gestürmt und mehrere Räumlichkeiten in Berlin, Brandenburg und Sachsen durchsucht. Allerdings fanden die Beamten nicht die zweite Auflage der CD. Angeblich sollten in Osteuropa 3000 Exemplare der „Noten des Hasses“ gepresst und dann nach Deutschland geschmuggelt worden sein. Vermutlich gibt es die zweite Auflage noch nicht. In einem von Toni S. genutzten Lager in Cottbus entdeckten die Beamten jedoch andere rechtsextreme CDs sowie zum Verkauf vorgesehene Kleidungsstücke mit aufgedruckten Hakenkreuzen und die Druckfolien für das Cover von „Noten des Hasses“ und des Booklets. Der festgenommene V-Mann enttarnte sich selbst bei der Vernehmung durch die Berliner Behörden, die jedoch schon eine Informanten-Tätigkeit vermuteten. Toni S. wurde dann in Untersuchungshaft genommen. Die Berliner Staatsanwaltschaft leitete auch ein Ermittlungsverfahren gegen den für Toni S. zuständigen V-Mann-Führer ein.

Der Fall löste einen heftigen Streit zwischen Berlin und Brandenburg aus. Das Potsdamer Innenministerium warf den Berliner Strafverfolgern vor, sie seien im Alleingang vorgeprescht und hätten einen Aufklärungserfolg des Brandenburger Verfassungsschutzes torpediert. Dies wird von Berlin heftig bestritten. Der Verfassungsschutz führte Toni S. seit Ende 2000 als V-Mann, der vor allem über das rechtsextreme Musikbusiness berichtete. Toni S. betrieb in Guben den Szeneladen „Top One“. In der Untersuchungshaft hat S. umfangreiche Aussagen gemacht. Wann sein Prozess beginnt, steht noch nicht fest. Frank Jansen

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