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Berlin: Zwischenstopp beim Kanzler

100 junge Europäer auf Kulturrallye durch Frankreich, Deutschland und Polen

Kaum erscheint die Kellnerin mit einem Tablett voll Fingerfood, stürzen sich Leeor Engländer und Stéphane Bazot auf das Essen – und entschuldigen sich gleich dafür. „Wir haben immer so wenig Zeit zum Essen, eigentlich haben wir permanent Hunger und Durst.“ Nebenwirkungen, die sie für die Kulturrallye „Tridem“ gerne auf sich nehmen. Die beiden 23Jährigen sind mit 98 anderen Teilnehmern am 1. Mai in Paris in insgesamt 50 Wagen losgefahren, am Samstagabend war Zwischenstopp im Palais der Kulturbrauerei in Prenzlauer Berg. Auf der Fahrt haben sie die Kulturminister der drei beteiligten Länder Polen, Frankreich und Deutschland getroffen, Ausstellungen und Kirchen besucht und waren bei der Verleihung des Karlspreises dabei, gestern gab es einen Fototermin mit Bundeskanzler Gerhard Schröder.

Die 13-tägige Rallye wird vom deutsch-französischen und deutsch-polnischen Jugendwerk organisiert. Hintergrund der Fahrt von Paris über Berlin nach Warschau ist, dass die Teilnehmer erleben, was der Begriff „Europa“ praktisch bedeutet. Daher sprechen sie mindestens zwei Sprachen. Stéphane Bazot, der in Paris an der Sorbonne deutsch-französisches Marketing und Kommunikation studiert, und Leeor Engländer, BWL-Student an der HU, wechseln spielerisch zwischen Deutsch und Französisch. Für den Kreuzberger Leeor Engländer hat die Rallye eine ganz besondere Bedeutung: Seine Familie stammt aus Frankreich und Polen, die Großeltern sind im Konzentrationslager umgekommen. Sein Motto für die Fahrt: „Die Brücken sind gebaut – Europa braucht Europäer.“ Für Stéphane Bazot liegt der Grund auch in der Familie: Seine Mutter ist Deutsche, der Vater ist Franzose.

Die beiden fahren seit dem 1. Mai in einem silberfarbenen Chevrolet, nachts teilen sie sich ein Zimmer. Bis jetzt läuft das Zusammenleben problemlos. „Wir haben schon ein ausgefeiltes Timing im Bad morgens“, sagt Leeor Engländer. Politischen Streit gibt es nicht, die beiden sind überzeugte Europäer. Stéphane Bazot kann daher auch die Debatte in Frankreich um die europäische Verfassung nicht nachvollziehen: Er wird beim Referendum am 29. Mai mit „Ja“ stimmen. Am Sonntagabend wurde die Gruppe dann zum Fest an der Oderbrücke in Frankfurt erwartet – dem Auftakt des Deutsch-Polnischen Jahres. cof

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