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Betrug in Cottbus: Finanzbeamter erschlich 1,4 Millionen Euro

Ein Cottbuser Finanzbeamter hat für jahrelange Steuerhinterziehung in Millionenhöhe die Quittung bekommen: Das Landgericht verurteilte den 31-Jährigen am Freitag zu fünf Jahren Gefängnis.

COTTBUS -  Ein Wachtmeister trägt kurz vor Verhandlungsbeginn einen großen Umzugskarton in den Verhandlungssaal des Cottbuser Landgerichtes. Darin Akten über Akten, in denen der Millionenbetrug des 31-jährigen Steuersekretärs beim Finanzamt Cottbus, Thomas S., dokumentiert ist.

Dabei scheint der Angeklagte mit seinem akkuraten Haarschnitt, dem weißen Hemd unter dem schwarz-weißen Pullover und der schmalen Brille ganz dem Typ des rechtschaffenen jungen Beamten zu entsprechen. Doch hat er den Staat zwischen 2003 und 2008 um 1,4 Millionen Euro betrogen. Als Quittung für die Untreue, gepaart mit Steuerhinterziehung und Computerbetrug, bestraft ihn das Landgericht mit fünf Jahren Haft.

Den Tränen nahe

Mit gesenktem Kopf und den Tränen nahe nimmt Thomas S. das Urteil entgegen. In der gleichen Haltung hatte er kurz zuvor noch einmal seine Kolleginnen und Kollegen beim Finanzamt in Cottbus, die in großer Zahl auf den Zuschauerbänken sitzen, und seine Angehörigen um Verzeihung für seine Taten gebeten. Nach eigenen Aussagen könne er sie heute selbst nicht mehr verstehen.

Diese Reue sei es gewesen, so hebt der Vorsitzende Richter Stefan Fiedler hervor, die Thomas S. bei einer möglichen Höchststrafe von zehn Jahren vor einem noch härteren Urteil bewahrt habe. Doch vor der Reue, auch das macht das Gericht klar, habe der Angeklagte mit hoher krimineller Energie gehandelt. Thomas S. ließ abgeschlossene Steuervorgänge in den Computern des Finanzamtes wieder „aufleben“. Er veränderte Daten, so dass eine nachträgliche Steuerrückzahlung heraussprang. Vorher hatte er zu seinem Gunsten die Bankverbindungen geändert. Zuweilen erfand der Finanzbeamte auch fiktive Steuerzahler und -erklärungen, und er nutzte, um eventuellen Verdacht von sich zu lenken, auch die Computer und Kennungen von Kollegen.

Als eine Bank nachfragte, flog der Betrug auf

Das Geld ließ Thomas S. auf die Konten seiner Ehefrau und eines Bekannten überweisen. Erst die Rückfrage einer Berliner Bank beim Finanzamt Cottbus aufgrund einer für sie nicht nachvollziehbaren Zahlung an den Bekannten ließ den Betrug schließlich auffliegen.

Das Gericht geht von 1,7 Millionen Euro aus, die der Angeklagte dem Fiskus auf diese Art entzogen hat. Thomas S. kaufte davon zwei Eigentumswohnungen in Berliner Nobellage, legte es für die Ausbildung seiner zwei Kinder an, investierte in Bausparverträge und Lebensversicherungen. Dazu hatte er Bargeld auf verschiedenen Konten. Ein Großteil dieser Werte soll nun zum Ausgleich des Schadens herangezogen werden.

Familiäre Probleme als Motiv

In seinem Geständnis gab S. familiäre Probleme als Motiv an. Er musste nach eigenen Angaben eine Finanzausbildung machen, obwohl er lieber studieren und Lehrer werden wollte. Doch das hätten ihn seine damals arbeitslosen Eltern verwehrt. Auch mit der angeblich despotischen Familie seiner späteren Frau, die sich inzwischen von ihm getrennt hat, sei er nicht klar gekommen. Auch ein eigenes Haus habe er wegen der Schwiegereltern nicht bauen dürfen; stattdessen musste er deren Haus ausbauen. Er habe dem Druck, dem er ausgesetzt gewesen sei, ausweichen und seiner eigenen Familie mehr bieten wollen, als er selbst erhalten habe, begründete Thomas S. sein kriminelles Handeln. Durch das Urteil verliert er nun auch seinen Beruf, den Beamtenstatus und seine Pensionsansprüche. Auch diese Folgen hat das Gericht als strafmildernd berücksichtigt.

Das Finanzamt sprach das Gericht dagegen von einer Mitverantwortung frei – obwohl sich die Taten über einen langen Zeitraum erstreckten und die Manipulationen für Thomas S. nicht besonders schwierig waren. Gerade seinen Beamten müsse der Staat vertrauen. Er könne nicht hinter jeden einen Kontrolleur stellen, der von einem weiteren Kontrolleur kontrolliert werde, sagte Richter Stefan Fiedler.

Wolfgang Swat

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