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Brandenburg: "Beutekunst": Warten auf Pakete aus St. Petersburg

In einem Depot der Eremitage in St. Petersburg könnten demnächst viele Kisten für einen Empfänger in Deutschland gepackt werden.

In einem Depot der Eremitage in St. Petersburg könnten demnächst viele Kisten für einen Empfänger in Deutschland gepackt werden. Sie würden die aus dem 14. Jahrhundert stammenden bunten Fenster der Marienkirche in Frankfurt (Oder) enthalten, die sich seit fast 45 Jahren in St. Petersburg befinden. Oberbürgermeister Wolfgang Pohl hofft auf die Rückkehr der "wunderschönen Kunstwerke" noch in diesem Jahr. "Die Bundesregierung räumt unseren Kirchenfenstern höchste Priorität bei der Rückführung von Kulturgütern aus Russland ein", sagt er nicht ohne Stolz. Seit Mitte der neunziger Jahre kämpft die Stadt um die Fenster der einstigen Hauptkirche, die nach der fast völligen Zerstörung im Krieg schrittweise wieder hergestellt wird.

Der Oberbürgermeister stützt seinen Optimismus auf ein Gespräch mit Michael Naumann, der als Kulturstaatsminister mit seinem russischen Amtskollegen Michail Schwidkoj über die so genannte Beutekunst konferiert hatte. Dabei sei eine grundsätzliche Einigung über die Rückgabe der Kirchenfenster erzielt worden. Nur der genaue Zeitplan der Lieferung stehe noch nicht fest. Letzte Details sollten beim Besuch von Bundeskanzler Schröder bei Präsident Putin zu Beginn kommenden Jahres besprochen werden.

Bei den in der Eremitage lagernden Frankfurter Kunstwerken handelt es sich um drei 20 Meter hohe Fenster mit 111 prachtvollen Bildfeldern. Sie waren zwischen 1360 und 1370 dank großzügiger Spenden der Einwohner entstanden. Experten vergleichen die Darstellung mit einer Bilderbibel. Die Fenster stellen die Schöpfungsgeschichte der Welt, das Leben von Adam und Eva, den Bau der Arche Noah, das Leben Christi und einen Antichrist dar. Diese "Predigt ohne Worte" in der Frankfurter Kirche erschien der Gemeinde schon 1943 als so kostbar, dass die Fenster ausgebaut und nach Potsdam gebracht wurden. Hier lagerten sie im Neuen Palais im Park Sanssouci, wo die Kisten neben anderen Kunstwerken der sowjetischen Armee in die Hände fielen.

Eine Spezialeinheit transportierte die Fracht zunächst ins Kriegsbeutelager I, das sich auf dem Gelände des Berliner Zentralviehhofs befand. Am 14. August 1946 gelangten die Frankfurter Fenster in die berühmte Leningrader Kunstsammlung Eremitage. Die entsprechende Karteikarte des Depotverzeichnisses lautete: "Mittelalterabteilung der Sammlung für westeuropäische Kunstgeschichte". Falls die Kirchenfenster im Jahre 2001 tatsächlich zurückkehren sollten, würden sie 2002 restauriert und 2003 der Öffentlichkeit vorgestellt. Dann feiert Frankfurt das 750-jährige Jubiläum der Stadtgründung. Zentrum der Festlichkeiten soll die Kirche sein. Oberbürgermeister Pohl nennt das Gebäude in der City ein "wichtiges historisches Identifikationsobjekt für alle Frankfurter". Erst seit 1998 besitzt die Marienkirche wieder ein Dach. Künftig werden hier Kulturveranstaltungen stattfinden. Dabei sollen die Besucher auf die bunten Fenster als besonderen Schmuck blicken.

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