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Weites Land. Brandenburg wird in den nächsten 20 Jahren menschenleerer.

© ZB/Pleul

Bevölkerungsentwicklung: Bevölkerungsschwund wie im Dreißigjährigen Krieg

Bis zum Jahr 2030 geht die Einwohnerzahl Brandenburgs nach einer Prognose weiter zurück. Einzige Ausnahme: Potsdam.

Potsdam - Brandenburg, in 20 Jahren: Im Umland um Berlin wird es eng, fernab in der Mark aber noch menschenleerer. Nach der neuesten offiziellen Bevölkerungsprognose bis 2030, die der Landesbetrieb für Statistik jetzt veröffentlicht hat, wird dann fast jeder zweite Brandenburger im „Speckgürtel“ leben. Dabei macht der nur zehn Prozent der Landesfläche aus. Dem Märker in den berlinfernen Regionen stehe dann, so heißt es wörtlich, „rechnerisch sieben Mal so viel Fläche zur Verfügung wie im Berliner Umland“, wo die Bevölkerungsdichte von 315 auf 337 Einwohner je Quadratkilometer ansteigen wird. Auf einen Wert, der dann „deutlich“ über dem Gesamtdurchschnitt der Bundesrepublik (230 Einwohner je Quadratkilometer) liegt. Insbesondere die Einwohnerzahl der prosperierenden Landeshauptstadt Potsdam, schon jetzt nicht nur Zuzugsort für Schöne und Reiche, wird geradezu explodieren. Potsdam, bereits auf 157.000 Einwohner gewachsen, kann im Jahr 2030 mit 180.000 Einwohnern rechnen. Das wäre der Rekordwert in der Geschichte der Preußenresidenz überhaupt.

Nicht nur an dieser Stelle muss das amtliche 164-Seiten-Werk die nicht alte Vorgängerprognose aus dem Jahr 2006 korrigieren. Damals hatten die Experten etwa für das boomende Potsdam ein Wachstum auf 159 000 Einwohner im Jahr 2030 angenommen, wurden von der realen Entwicklung, den Zuzügen junger Eltern, den Geburten, aber überholt. Für das Land Brandenburg werden nun zwar insgesamt wie bisher für 2030 rund 2,2 Millionen Einwohner erwartet. Jetzt sind es rund 2,5 Millionen Einwohner.

Aber auch hier zeichnen sich signifikante Veränderungen ab. So kann die Mark nach Erfahrungen der letzten Jahre unterm Strich weniger als erhofft von Zuzüglern aus Berlin profitieren, dem Heimvorteil gegenüber allen anderen ostdeutschen Ländern, denn „entgegen den Erwartungen haben sich die Fortzüge nach Berlin (...) erhöht.“ Am übergreifenden Trend, dem Run auf das Berliner Umland – besonders im Süden und Westen – ändert sich aber nichts. Im Jahr 2030 werden rings um Berlin 956 000 Menschen leben, fast eine Million, jetzt sind es rund 900 000. Und das alles trotz negativer Bevölkerungsentwicklung. „Der Anteil der hier wohnenden Brandenburger an der Landesbevölkerung steigt von 35 Prozent auf 43 Prozent an“, heißt es. Zum Vergleich: Im Jahr 1990 lebten 785 000 Menschen im Umland, damals 30 Prozent der Brandenburger.

Und der dramatische Bevölkerungsschwund in den berlinfernen Regionen setzt sich ungebrochen fort. Am größten ist er nach der Prognose im Lausitzkreis Spree-Neiße und der Prignitz, mit einem Minus von 26,7 Prozent. Die schon jetzt extrem dünnbesiedelte Uckermark wird von 132.000 Einwohnern (2008) auf 98.000 schrumpfen, was einem Rückgang um 26,1 Prozent entspricht. Es folgen Oberspreewald-Lausitz (minus 25,1 Prozent) und Elbe-Elster (minus 24,3 Prozent). Moderat fallen die Rückgänge in den Landkreisen rund um Berlin aus: Das Havelland verliert zwei Prozent, Dahme-Spreewald – auch vom BBI in Schönefeld und den wachsenden Orten ringsum profitierend – nur 4,8 Prozent, Potsdam-Mittelmark nur sechs Prozent seiner heutigen Bevölkerung. Bei den kreisfreien Städten ist Frankfurt (Oder) der große Verlierer. Von heute 61 000 auf 51 000 Einwohner wird die Stadt bis 2030 schrumpfen (minus 16,6 Prozent). Cottbus (99 000 Einwohner) wird dann 85 000 Einwohner haben, Brandenburg an der Havel 62.000 Einwohner gegenüber heute rund 72.000.

Die Analyse ist so detailliert, dass sogar Zahlen für Brandenburger Kleinstädte vorliegen. Mit rasantem Wachstum können danach Teltow, Falkensee, Blankenfelde-Mahlow am Rande des neuen Flughafens, aber auch Hohen-Neuendorf und Oranienburg rechnen, während Städte wie Eisenhüttenstadt, Schwedt, Guben oder Wittenberge noch einmal jeden dritten Einwohner verlieren. Wittenberge etwa, wo 2008 noch 19.000 Menschen lebten, wird voraussichtlich nur noch 13.000 Einwohner haben. Einbrüche in diesen Größenordnungen gab es in der Mark zuletzt im Dreißigjährigen Krieg.

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