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Brandenburg: Bewährungsstrafen nach Zugunglück von Elsterwerda

Reuige Angeklagte stimmten Cottbuser Richter milde

Von Sandra Dassler

Cottbus/Elsterwerda. Menschliches Versagen war nach Ansicht des Cottbuser Landgerichts die Ursache für das schwere Zugunglück von Elsterwerda am 20. November 1997. Die 2. Große Strafkammer verurteilte gestern den 44-jährigen Zugvorbereiter Andreas N. aus Berlin wegen fahrlässiger Tötung in zwei Fällen und fahrlässiger Körperverletzung in sieben Fällen zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten. Der 38-jährige Triebfahrzeugführer des Unglückszuges, Hagen T., erhielt sechs Monate Haft. Beide Strafen wurden zur Bewährung ausgesetzt.

Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der Lokführer beim Ankuppeln an den Zug mit 22 Kesselwagen vergessen hatte, die Bremsventile zu öffnen. Obwohl der Zugvorbereiter bei der Bremsprobe Unregelmäßigkeiten feststellte, wiederholte er diese nicht wie vorgeschrieben. Der mit Benzin beladene Zug fuhr los. Kurz vor dem Bahnhof Elsterwerda musste der Lokführer das Tempo reduzieren, um über eine nur für 40 Stundenkilometer zugelassene Weiche zu fahren. Da bemerkte er, dass die Bremsen nicht funktionierten. Einige Wagen entgleisten und gerieten in Band. Als Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr herbeieilten und die Lage auf dem Bahnhof erkunden wollten, explodierte ein Kesselwagen. Zwei Feuerwehrmänner starben, sieben wurden schwer verletzt.

Das Gericht hatte zahlreiche Gutachter und Zeugen gehört. Vor dem Urteil bedauerten die beiden Männer noch einmal das Geschehen, das sie seither sehr belaste. Der Staatsanwalt hatte zuvor Haftstrafen von zehn und zwölf Monaten gefordert.

Der Verteidiger des Lokführers beantragte Freispruch für seinen Mandanten, da der Zugvorbereiter diesem gemeldet habe, dass die „Bremsen in Ordnung“ seien. Der Zugvorbereiter hatte dies bis zuletzt bestritten. Sein Verteidiger bezeichnete die beiden Eisenbahner als „Bauernopfer". Im Prozess habe sich herausgestellt, dass viele Dienstvorschriften der Bahn den Beschäftigten nicht bekannt seien und dass die Kesselwaggons technisch nicht ausreichend gesichert waren. Sie seien nach dem Unglück von Elsterwerda umgerüstet worden. Er kritisierte auch das „leichtfertige Verhalten“ der Feuerwehrleute, die „sich selbst ohne Grund in Gefahr gebracht hätten“. Dieser Darstellung widersprach das Gericht vehement. Der Vorsitzende Richter Stefan Fiedler sagte, die Kammer habe weder Mitschuld der Bahn noch verantwortungsloses Verhalten der Feuerwehrleute erkennen können. Das milde Strafmaß resultiere aus der Reue der beiden Männer, ihrer Bereitschaft zur Aufklärung und der Tatsache, dass sie fünf Jahre lang auf den Prozess warten mussten.

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