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Brandenburg: Birthler gegen Platzecks Stasi-Kurs

Die Bundesbeauftragte für die Stasi- Unterlagen, Marianne Birthler kritisierte den Umgang des Regierungschefs mit Stasi-belasteten Linkspolitikern. Sie stößt auf Widerspruch und Zustimmung.

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Potsdam – Der Aufruf von Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) zur Versöhnung hat die politischen Diskussionen über den Umgang mit der Vergangenheit wieder entfacht. Die Bundesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen, Marianne Birthler, die von 1990 bis 1992 Bildungsministerin in Brandenburg war, kritisierte den Umgang des Regierungschefs mit Stasi-belasteten Linkspolitikern. „Platzeck hat eine Koalition mit der Partei, deren Vorläufer als SED verantwortlich für Unterdrückung und Unfreiheit war, als Versöhnungsprojekt ausgerufen. Und das geht nicht“, sagte sie dem Magazin „Der Spiegel“. „Versöhnung ist keine politische Kategorie, sondern etwas Persönliches. Sie lässt sich weder planen noch anordnen.“

In seiner Neujahrsansprache hatte Platzeck davon gesprochen, dass gesellschaftlicher Zusammenhalt auf Dauer nur dann funktioniere, „wenn wir offen und ehrlich miteinander umgehen“. Das Gemeinsame solle ausgebaut und das Trennende – wo immer möglich – ausgeräumt werden, sagte Platzeck.

Birthler kritisierte, in Brandenburg sei die notwendige Auseinandersetzung mit der Diktatur und den dafür Verantwortlichen über viele Jahre vermieden worden. Auch müsse mehr dagegen getan werden, die DDR-Vergangenheit schönzureden. Dabei spiele der Umgang mit der Stasi-Belastung des ehemaligen Ministerpräsidenten Manfred Stolpe eine wichtige Rolle. „Um Stolpe zu schonen, bildete sich – im stillen Einvernehmen zwischen SPD, CDU und PDS – ein Kartell des Schweigens“, sagte Birthler. Stolpe habe seine jahrelange konspirative Zusammenarbeit mit der Stasi auf unerträgliche Weise verharmlost, aber von ihr als damaliger Bildungsministerin Loyalität verlangt. „Deshalb bin ich zurückgetreten.“ Birthler betonte: „Wer in Brandenburg redlich mit der Vergangenheit umgehen will, wird auf Dauer am Thema Stolpe nicht vorbeikommen.“

Der Brandenburger SPD-Generalsekretär Klaus Ness wies die Kritik zurück. Es werde ein gesellschaftliches Klima gebraucht, das nicht auf Ausgrenzung, sondern auf Versöhnung setze. Für ihn kämen die Angriffe von Frau Birthler nicht überraschend, sagte Ness am Sonnabend dem Tagesspiegel. „Einige Politiker haben offenbar ihre Niederlagen in der Vergangenheit noch immer nicht überwunden und setzen auf Revanche.“ Über die angeblichen Stasi-Verstrickungen von Manfred Stolpe hätten die Brandenburger schon 1994 ihr überzeugendes Urteil bei der Landratswahl abgegeben. Damals gewann die SPD mit absoluter Mehrheit.

Der DDR-Bürgerrechtler und heutige Beauftragte für Menschenrechtspolitik und humanitäre Hilfe der Bundesregierung, Günter Nooke (CDU), gibt hingegen Marianne Birthler recht und sieht auch die Rolle seiner eigenen Partei kritisch: „Aufarbeitung in Brandenburg geht nicht ohne Diskussion über den Fall Stolpe“, sagte er. „Das beinhaltet auch eine Auseinandersetzung mit dem Verhalten der märkischen Union.“

Nach Ansicht des Berliner Wirtschaftssenators Harald Wolf (Die Linke) hat die Stasi-Debatte zum Beginn der ersten rot-roten Koalition in Brandenburg dem Image des Linksbündnisses auch bundesweit geschadet. Wolf betonte aber auch, dass der „unbestrittene Fehlstart“ von Rot-Rot in Brandenburg „kein Präjudiz für die gesamte Legislaturperiode“ sei.

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