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Brandenburg: Blitze aus der Tonne

Brandenburgs Polizei arbeitet mit getarnten Radarfallen. In Berlin hält man davon nichts

Potsdam - Einige Autofahrer haben es schon erschrocken zur Kenntnis genommen: Nicht in allem, was nach Mülltonne aussieht, ist auch Müll drin: Manchmal ist es auch ein 40 000 Euro teures Tempo-Radar mit Kamera und Blitzgerät. Zwei Stück davon setzt die Brandenburger Polizei neuerdings ein. Das eine stellt sie vorzugsweise in und um Potsdam an die Straße, das andere im Landkreis Barnim. Die Tarnung soll Autofahrern das Gefühl vermitteln, dass der Brandenburger Polizei – anders als der Berliner – im Kampf gegen die Raserei jedes Mittel recht ist.

Der von Betroffenen gern erhobene Vorwurf der „Wegelagerei“ lässt das Innenministerium in Potsdam kalt: „Es wird in diesem Land gerast, was das Zeug hält“, sagt Sprecher Wolfgang Brandt. „Ich kriege hier regelmäßig Papiere auf den Tisch über Leute, die mit Tempo 150 durch 80er-Strecken donnern.“ Also werde geblitzt, wo und wie es nur geht. Bilanz des vorigen Jahres: 774 651 registrierte Tempoverstöße – über 28 Prozent mehr als im Jahr davor. Und das sind nur die Zahlen der Polizei. Hinzu kommt die Ausbeute der oft kommunalen „Starenkästen“ und Messwagen, wie ihn beispielsweise die Stadt Hennigsdorf und der Kreis Uckermark betreiben. Ziel aller Beteiligten: Raserei soll so teuer werden, dass den Leuten die Lust daran vergeht.

Dagegen hat auch der ADAC nichts einzuwenden. Solange die Radarfallen nicht direkt vor einem Ortsausgangsschild aufgebaut und ein Toleranzwert berücksichtigt würden, seien auch getarnte Blitzer in Ordnung, heißt es bei dem Automobilclub. Gerichtsurteile stützten diese Auffassung: Erlaubt ist in der Regel alles, was mindestens 150 Meter vom nächsten temporelevanten Schild entfernt steht.

Die Berliner Polizei, die im vergangenen Jahr knapp 823 000 Schnellfahrer erwischte, bevorzugt eine andere Strategie: Wo sich die Brandenburger tarnen, stellen die Berliner neuerdings sogar manchmal einen Funkwagen kurz vor die Radarfalle. „Dann kann der Betroffene entscheiden, ob er weiter so schnell fahren will“, sagt Michael Zeilbeck, Leiter der Verkehrsunfallbekämpfung. Der pädagogische Effekt bei denen, die anschließend sofort zahlen müssen, sei spürbar, „die Einsicht ist größer als sonst“. Deshalb wolle man sich auch künftig lieber sichtbar an die Straße stellen. Anschaffungen wie die „Mülltonne“ seien nicht geplant.

Juristisch sei die Polizei fast immer auf der sicheren Seite, sagt die Berliner Verkehrsrechtsanwältin Angela Behrens: Wer nicht gerade von einem Gerät mit abgelaufener Eichplakette oder im Moment des Ausscherens auf der Autobahn geblitzt werde, habe selten eine Chance beim Widerspruch. Die Polizei arbeite korrekt, die Gerichte seien hart: „Da muss man schon beweisen können, dass man einen Schwerverletzten im Auto hatte. In anderen Bundesländern kommt man mit solchen Geschichten eher durch als hier.“

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