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Brandenburg: Blüten aus der Gärtnerei: Geldfälscher vor Gericht Am ersten Verhandlungstag gibt sich der Kronzeuge der Anklage als Opfer – und erzählt abenteuerliche Geschichten von seiner Arbeit beim KGB

Potsdam - Es ist eine wilde Geschichte vom Gelddrucken, die Wladislaw L. dem Potsdamer Landgericht an diesem Donnerstag erzählt.

Potsdam - Es ist eine wilde Geschichte vom Gelddrucken, die Wladislaw L. dem Potsdamer Landgericht an diesem Donnerstag erzählt. Es kommen vor: der weißrussische Geheimdienst KGB, ein libanesischer Großclan aus Berlin-Neukölln, Mitglieder einer türkischen Bande aus Berlin, eine ehemalige Gärtnerei in Caputh bei Potsdam, ein deutsch-iranischer Kaufmann aus Berlin, ein Palmenverleiher aus Potsdam und sehr spezielles Know-how.

Wladislaw L. ist eine Art Kronzeuge der Anklage. Er war es, der im November vorigen Jahres die Polizei auf die Spur der ersten Bande brachte, die in Deutschland Euros nachdruckte – in bemerkenswerter Qualität, wie Spezialisten der Bundesbank bescheinigten. Und er war es, der der Bande als Fachmann diente bei der Herstellung der Druckplatten und zum Druck der 50-Euro-Blüten in der ehemaligen Gärtnerei in Caputh.

Die Gärtnerei war bei einem Potsdamer gemietet, der in Caputh einen Großpalmenverleih betrieb. Das dort sichergestellte Material – Spezialpapier, Chemikalien, Druckfarbe, Sicherheitsstreifen und mehr – hätte nach Expertenmeinung gereicht, Falschgeld im Nennwert von mindestens einer Million Euro herzustellen. Doch als die Ermittler zugriffen, fanden sie nur 24 falsche, einseitig bedruckte Fünfziger.

Nachdem die Ermittler im Dezember 2004 die Blüten-Gärtnerei ausgehoben hatten, führte Wladislaw L. sie auf die Spur der Hintermänner der bislang größten Euro-Fälschungsaktion. Am 2. Juni nahmen 175 Beamte der Landeskriminalämter Brandenburg und Berlin in Berlin die als gewaltbereit bekannten mutmaßlichen vier Mittäter im Alter zwischen 27 und 40 Jahren fest. Vier Mittäter waren bereits vorher verhaftet worden.

Nach Ansicht der Ermittler hatte ein libanesischer Großclan aus Berlin die Idee zur Geldfälschung. Zusammen mit türkischen Kriminellen sollen die Männer Spezialchemikalien, -farben und -papier sowie über Ebay eine 300 Kilogramm schwere Druckmaschine beschafft haben. Um an das Know-how für die Fälschung zu kommen, hätten sie Kontakt zu osteuropäischen Banden aufgenommen.

Dabei will dann Wladislaw L. ins Geschäft gekommen – oder besser: gezwungen worden – sein. Er sei Mitarbeiter des weißrussischen Geheimdienstes KGB, für den er im Jahr 2000 auch eine Firma gegründet haben will. Der Geheimdienst habe ihn, den gelernten Radiomechaniker, zum Gelddrucker ausgebildet. Zunächst habe er für den Dienst gefälscht. Dann sei er als Undercover-Mann nach Berlin geschickt worden, um sich in den libanesischen Clan einzuschmuggeln. Zunächst habe er einige Dollarblüten hergestellt. Er sei in einer Garage gefangen gehalten, bedroht und lediglich mit Essen und Trinken versorgt worden. Er habe nur unter Druck gehandelt.

Bewusst, so Wladislaw L. während des ersten Verhandlungstages gegen ihn (gegen den Rest der Bande wird gesondert verhandelt), habe er immer wieder die Fertigstellung der Blüten verzögert. Wenn er gewollt hätte, wären die Blüten zum Zeitpunkt des Polizeieinsatzes in Caputh längst fertig gewesen.

Immer wieder weist er darauf hin, dass er sich in E-Mails an die Polizei gewandt habe. Diese habe erst reagiert, als er darauf hingewiesen habe, dass dort auch Cannabis angebaut werde. Die E-Mails gibt es wirklich – unterzeichnet mit „Wlad“. Doch sie waren so wirr, dass die Polizei erst auf die vierte reagierte.

Oberstaatsanwalt Peter Steiniger wirkt vor Gericht zunehmend genervt von den Erzählungen seines Kronzeugen, bezweifelt dessen Glaubwürdigkeit. Der Angeklagte habe die Garage, in der er in Berlin gefangen gehalten worden sein soll, verlassen können, E-Mail-Anschluss gehabt und auch noch seinen Bruder zu Besuch gehabt. Der Bruder war später an der Grenze in Frankfurt (Oder) mit den gefälschten Dollar-Noten erwischt worden.

Ein psychologischer Gutachter hat Wladislaw L. bescheinigt, schizophren zu sein. Der wiederum sagt, er sei genervt gewesen und habe einfach erzählt, was der Gutachter hören wollte.

Dass der KGB dementiert, Wladislaw L. überhaupt zu kennen, geschweige denn, dass der Geld für die Agenten gedruckt habe, war zu erwarten, nützt aber dem Staatsanwalt nichts. Seit seiner Verhaftung wird L. vom Landeskriminalamt geschützt. Nach Abschluss des Prozesses wird er eine neue Identität bekommen und an einen geheimen Ort gebracht.

Staatsanwalt Steiniger drohte während der Verhandlung, von einem vorab ausgehandelten Deal abzuweichen. Vereinbart war, dass Wladislaw L. umfassend aussagt, so eine langfristige Beweisaufnahme mit Zeugenanhörungen vermeidet und mit einer Freiheitsstrafe von unter drei Jahren wegkommt. Nun erwägt der Ankläger, doch noch Zeugen zur nächsten Verhandlung am 31. August zu laden und in die Beweisaufnahme einzutreten.

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