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Brandenburg: Bodenreform: Ein Zeuge gibt Nachhilfe Jurist belehrte Untersuchungsausschuss

Potsdam – Manche Potsdamer Sozialdemokraten empfinden die rechtswidrige Enteignung tausender fremder Grundstücke durch das Land Brandenburg offenbar schon nicht mehr als Skandal: So erklärte die Abgeordnete Susanne Melior, die die SPD im derzeit intensiv mit der Aufklärung des Skandals befassten Untersuchungsausschuss des Landtages vertritt, jüngst in einem Parteiblatt ganz offen: Sie gehe davon aus, dass „von den Vorwürfen wenig übrig bleibt“. Dies war mindestens voreilig, wie sich am Dienstagabend im Untersuchungsausschuss zeigte.

Potsdam – Manche Potsdamer Sozialdemokraten empfinden die rechtswidrige Enteignung tausender fremder Grundstücke durch das Land Brandenburg offenbar schon nicht mehr als Skandal: So erklärte die Abgeordnete Susanne Melior, die die SPD im derzeit intensiv mit der Aufklärung des Skandals befassten Untersuchungsausschuss des Landtages vertritt, jüngst in einem Parteiblatt ganz offen: Sie gehe davon aus, dass „von den Vorwürfen wenig übrig bleibt“.

Dies war mindestens voreilig, wie sich am Dienstagabend im Untersuchungsausschuss zeigte. Dort wurde ein kundiger Zeuge gehört: Hans-Christian Hartleb, Justiziar und früherer Leiter des Amtes für offene Vermögensfragen im Kreis Teltow-Fläming. Es ist jener Kreis, der unter SPD-Landrat Peer Giesecke als Einziger im ganzen Land die vom Bundesgerichtshof als „sittenwidrig“ gerügte Inbesitznahme von rund 10 000 Bodenreform-Grundstücken unbekannter Erben durch das Land in den Jahren 1999/2000 nicht mitgemacht hatte. So wurde Hartlebs Auftritt zu einem Lehrstück für rechtsstaatliches Grundverständnis.

Hartleb zitierte ausführlich aus seinem Vermerk vom 12. Juni 2000 für die Kreisführung, der dann Grundlage für den Sonderweg von Teltow-Fläming wurde. In dem Vermerk kritisierte er das Modell, das Potsdam landesweit durchgesetzt hatte: die Kreise stellvertretend für das Land als Vertreter unbekannter Bodenreformerben einzusetzen – mit der einzigen Maßgabe, die Grundstücke sofort unentgeltlich an das Land zu übertragen. Dieses Vorgehen erscheine wegen der „Überwachung der Vertreterrolle“ zweifelhaft, heißt es im Vermerk.

Als Susanne Melior nachhakte, dass dies ja juristisch alles schwierig sei, widersprach der Jurist heftig: „Ein gesetzlicher Vertreter hat die Interessen des Eigentümers zu wahren und nicht an sich zu verkaufen.“ Das dürfe Behördenhandeln nicht beeinflussen. „Es geht darum, ob man die Interessen des Mündels vertritt oder nicht. Dazu braucht man keine große juristische Kompetenz.“ Das war und ist exakt die gleiche Argumentation, zu der acht Jahre danach der Bundesgerichtshof in seinem Urteil kam. Doch genau diese kalte Enteignung hatte das Land damals in großem Stil praktiziert – ohne intensiv nach den rechtmäßigen Erben zu suchen. Thorsten Metzner

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