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Bodenreformland: Finanzministerium macht Enteignungen rückgängig

Mehr als zwei Wochen nach Bekanntwerden des Bodenskandals sollen die unrechtmäßigen Grundbucheinträge jetzt korrigiert werden.

Potsdam - Im brandenburgischen Enteignungsskandal will die Landesregierung jetzt zügig rund 10 000 Grundbucheinträge korrigieren lassen, mit denen sich das Land zum Eigentümer von ehemaligen Bodenreformflächen gemacht hatte. Das kündigte Finanzminister Rainer Speer (SPD) gestern nach einer Sitzung des Haushaltsausschusses im Landtag an. Das Verfahren sei mit Justizministerin Beate Blechinger (CDU) abgestimmt. Zugleich will sich das Land aus der Verwaltung der Grundstücke zurückziehen, über deren künftige Treuhänderschaft – solange sich keine Erben melden – nun Vormundschaftsgerichte entscheiden sollen. „Das ist die zwingende Konsequenz aus dem Urteil des Bundesgerichtshofes“, sagte dazu Links-Politiker Ralf Christoffers, Chef des Finanzausschusses. Der BGH hatte wie berichtet die Aneignung der Flächen durch das Land im Dezember als „sittenwidrig“ verurteilt. Christoffers sagte, Brandenburg setze endlich um, „was Rechtsexperten nach Bekanntwerden des Urteils vor mehr als zwei Wochen gefordert haben“ und was, wie etwa die Einschaltung der Vormundschaftsgerichte, auch Urteilen der brandenburgischen Justiz früherer Jahre entspreche.

Wie Speer sagte, werde man „in jedem Einzelfall“ die Amtsgerichte bitten, einen Vermerk in die Grundbücher zu setzen, dass der Eintrag zugunsten des Landes „unrichtig“ sei. „An der Auflistung der Fälle wird intensiv gearbeitet.“

Wie lange die Korrektur der Landnahme dauern wird, ist unklar. Brandenburgs Gerichte klagen seit langem über Überlastung. „Es wird sicher einen personellen Mehrbedarf geben“, sagte Justizministerin Beate Blechinger (CDU). In ihrem Etat stünden Mittel für befristete Einstellungen bereit. „Allerdings ist der Arbeitsmarkt für Rechtspfleger leergefegt.“

Zu seinem geplanten Vorgehen hat Brandenburg auch das Bundesfinanzministerium und andere ostdeutsche Länder um Stellungnahme gebeten. Denn aus Sicht des Justizministeriums ist es nach dem BGH-Urteil unerheblich, auf welchem Weg sich das Land vor Ablauf der Verjährung am 2. 10. 2000 in die Grundbücher unbekannter Erben eintragen ließ. Dies sei auch dann nichtig, wenn sich nicht das Land selbst als Vertreter bestellt hatte, sondern dafür Anwälte oder Kommunalvertreter einsetzte, was laut Speer bei eintausend der zehntausend Fälle so war. Ob und welche Auswirkungen diese Auslegung des BGH–Urteils auf andere Länder haben kann, ist offen.

Der Übergang zu einer rechtskonformen Treuhänderschaft der Grundstücke solle schrittweise erfolgen, sagte Speer. Immer, wenn etwa ein Grundsteuerbescheid fällig werde, eine Fortschreibung von Pachtverträgen oder Wegeprobleme anstünden, sollen die Vormundschaftsgerichte angerufen werden – die dann einen Vertreter bestellen.

Die Freigabe der unrechtmäßig enteigneten Grundstücke durch Potsdam werten Rechtsexperten als überfälligen Schritt. „Brandenburg hatte mit diesem fremden widerrechtlich erlangten Gut schon seit langem nichts anderes mehr zu tun, als die Listen der betreffenden Grundbuchblätter an die Grundbuchämter zu leiten“, sagte Rechtsanwalt Ulrich Mohr. Er hatte das BGH-Urteil vom Dezember erstritten. Seit Wochen hatte Mohr die Herausgabe der Daten zu den 10 000 betroffenen Grundstücken von der Regierung gefordert – ebenso wie zuletzt auch die Amtsgerichte Cottbus und Rathenow.

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