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Brandenburg: Brandanschlag in Bernau: Mordversuch mit Benzin - eine rechtsextreme Tat?

Drei Tage nach dem Brandanschlag in Bernau ist das Opfer im Unfallkrankenhaus Berlin-Marzahn operiert worden. Tilo R.

Von Frank Jansen

Drei Tage nach dem Brandanschlag in Bernau ist das Opfer im Unfallkrankenhaus Berlin-Marzahn operiert worden. Tilo R. wurden Teile der zu 80 Prozent verbrannten Haut entfernt. Der 22-Jährige schwebt weiter in Lebensgefahr. Die Tatverdächtigen, fünf Skinheads, sollen R. am Dienstag vier Stunden lang geschlagen und zum Entkleiden gezwungen haben. Anschließend wurde er mit Benzin übergossen und angezündet. Das Opfer konnte die Flammen durch Herumwälzen auf dem Boden ersticken und schleppte sich zu einer nahegelegenen Tankstelle. Der Polizei konnte Tilo R. noch drei mutmaßliche Täter nennen. Diese und zwei weitere Skinheads wurden am selben Tag festgenommen. Alle fünf Beschuldigten im Alter zwischen 17 und 29 Jahren sitzen in Untersuchungshaft.

Unklar bleibt weiterhin das Tatmotiv. Die Staatsanwaltschaft vermutet nach dem Geständnis eines Skinheads einen Racheakt gegen das Opfer. Tilo R., mit der Clique schon länger bekannt, sei verdächtigt worden, er habe die Straftat eines der Skinheads angezeigt oder anzeigen wollen. Die Polizei prüft, ob R. sich bei ihr gemeldet hat. Bislang liegen keine Erkenntnisse vor.

Dass der Brandanschlag auf den 22-Jährigen einen rechtsextremen Hintergrund haben könnte, hält die Staatsanwaltschaft trotz der offenkundigen Gesinnung der Tatverdächtigen für unwahrscheinlich. Gegen zwei Skinheads ermittelte die Staatsanwaltschaft im letzten August wegen Verwendung verfassungswidriger Kennzeichen, die Verfahren wurden jedoch eingestellt.

"Wenn ein Rechtsextremist einen Diebstahl begeht, ist das auch keine rechtsextremistische Tat", hieß es bei der Staatsanwaltschaft. Allerdings wurde jetzt bekannt, dass vor dem Brandanschlag in Bernau gegen einen dieser zwei Skinheads bereits ein Haftbefehl vorlag. Das Landgericht Frankfurt (Oder) hatte indes den als äußerst brutal bekannten Jano H. von der Haft verschont.

Der Rechtsextremist war im Juli 1999 zusammen mit mehreren Kumpanen in Bernau auf einen Polizisten losgegangen. Der Beamte hatte sich über rechtsextreme Musik beschwert, die lautstark in einer Wohnung abgespielt wurde. Zunächst versuchte der Polizist, der nicht im Dienst war und keine Waffe bei sich trug, die Skinheads zu beschwichtigen. Doch dann schlugen und traten sie auf ihn ein. Der Beamte erlitt mehrere Verletzungen, darunter einen Nasenbeinbruch. Jano H. wurde dafür zu einem Jahr und elf Monaten Haft verurteilt.

Diese Strafe bezog das Amtsgericht Bernau im Oktober 2000 in ein neues Urteil ein. Der Skinhead hatte auch noch eine räuberische Erpressung begangen und erhielt nun eine Gesamtstrafe von zwei Jahren und acht Monaten, verbunden mit einem Haftbefehl wegen Fluchtgefahr. Jano H. legte Berufung ein, somit wurde das Urteil nicht rechtskräftig. Außerdem hatte er mit seiner Beschwerde gegen den Haftbefehl Erfolg: Das Frankfurter Landgericht gewährte dem Rechtsextremisten, gegen Auflagen, die Freiheit. Trotz der Verurteilung zu zwei Jahren und acht Monaten Haft und nicht ausreichender "sozialer Bindungen" hielt das Gericht die Fluchtgefahr für gering - weil sich der Skinhead seinem Prozess nicht entzogen hatte.

Die Staatsanwaltschaft widersprach damals nicht, hat aber gestern angesichts des Brandanschlags beim Landgericht die "Invollzugsetzung" des Haftbefehls gegen Jano H. beantragt. Beim Landgericht Frankfurt (Oder) war niemand für eine Stellungnahme erreichbar. Die Gewerkschaft der Polizei reagierte scharf: Die damalige Entscheidung des Gerichts sei "nicht nachvollziehbar".

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