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Brandenburg: Brandanschlag in Hennigsdorf: Vorwürfe gegen die Polizei

Beamte sollen Morddrohungen eines Neonazis nicht beachtet haben

Von Frank Jansen

Hennigsdorf/Potsdam. Nach dem Brandanschlag auf ein türkisches Restaurant in Hennigsdorf gerät die Polizei in die Kritik. Der Betreiber des Lokals „Yala“ wirft Beamten der Hennigsdorfer Wache vor, sie hätten seine Hinweise auf Drohungen des Neonazis Karsten G. nicht beachtet. Der Rechtsextremist hatte, wie berichtet, am Mittwochabend zwei bereits lodernde Brandflaschen gegen die Gaststätte geworfen. Die Doppelscheiben hielten jedoch stand, das Personal und die Gäste kamen mit dem Schrecken davon. Bereits am Nachmittag war Karsten G. mit dem Betreiber, dem Deutschtürken Burhan Aydin, aneinander geraten. Der Neonazi habe sich mit ihm geschlagen und gedroht, „ich töte alle Türken“, sagte Aydin gestern dem Tagesspiegel. Er habe den zu Hilfe gerufenen Beamten der Hennigsdorfer Wache von der Todesdrohung berichtet, „doch die Polizei hat mich nicht ernst genommen“. Der leicht verletzte Karsten G. wurde von einem Krankenwagen abgeholt – und kam gegen 20 Uhr mit den Brandflaschen zurück.

Der Potsdamer Polizeipräsident Bruno Küpper fuhr gestern nach Hennigsdorf, um den Vorfall zu untersuchen. Zuvor sagte Küpper dem Tagesspiegel, die Beamten seien bereits befragt worden. Küpper teilte auch die Antworten mit: „Sie haben von Drohungen nichts mitbekommen.“ Die Polizisten müssten sich aber auch in der Form von dienstlichen Erklärungen schriftlich äußern.

Einen weiteren Vorwurf hält Küpper für widerlegt. Laut Aydin kamen die Polizisten am Nachmittag sehr spät, obwohl die Wache nur wenige hundert Meter entfernt sei. „Ich habe sogar jemanden zur Wache geschickt, damit sich die Beamten beeilen“, sagte Aydin. Küpper verwies jedoch auf Einsatzprotokolle, nach denen die Polizisten am Nachmittag und abends nach dem Brandanschlag „binnen Minuten“ am Tatort gewesen seien.

Unterdessen hat die Polizei eine Sonderkommission gebildet, um die Tat aufzuklären. Karsten G. ist flüchtig. Das Amtsgericht Oranienburg erließ Haftbefehl wegen versuchten Mordes und versuchter schwerer Brandstiftung. Laut Küpper wird das Landeskriminalamt vermutlich Zielfahnder einsetzen, um den Neonazi zu ergreifen.

Der 26-Jährige, in Berlin gemeldet, hat bereits eine „Karriere“ in der rechten Szene hinter sich. Karsten G. war Anführer der „Kameradschaft Oberhavel“, die 1997 vom damaligen Innenminister Alwin Ziel (SPD) verboten wurde. Dann trat G. als „Schatzmeister“ des Neonazi-Vereins „Die Nationalen“ auf, der sich 1998 auflöste. Bei den Attacken auf das Lokal „Yala“ erschien G. szenetypisch mit einer olivfarbenen Bomberjacke. Burhan Aydin hat große Angst vor G. und der Szene: „Ich fürchte, dass ich nicht mehr lange lebe.“

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