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Brandenburg-Affäre: Chaostage in Potsdam

Die SPD findet keine klare Linie im Umgang mit dem Affären-Abgeordneten Speer. Nun werden Fragen nach der Autorität des Ministerpräsidenten Platzeck laut.

Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) wird die Dauer-Affäre um Ex-Minister Rainer Speer immer noch nicht los. Der 51-jährige langjährige Weggefährte, dem Platzeck wegen der Affäre um 13 Jahre nicht gezahlten Unterhalt für eine uneheliche Tochter erst unter vier Augen und am Montag nach einer Sitzung des SPD-Vorstandes öffentlich den Verzicht auf das Landtagsmandat nahelegte, lässt ihn bislang im Regen stehen. Speer erschien am Dienstag ohne Begründung nicht zur Sitzung der SPD-Landtagsfraktion. Ob überhaupt und wann Speer der Bitte Platzecks nachkommt, ist ungewiss. Bislang hatte Speer erklärt, er wolle „zwischen Weihnachten und Neujahr“ über seine politische Zukunft nachdenken. Für die Opposition im Landtag stellt sich somit jetzt die Frage, welche Autorität und Durchsetzungskraft der Regierungschef selbst hat. „Er hat seinen Laden nicht mehr im Griff“, sagte CDU-Fraktionschefin Saskia Ludwig. Und Grünen-Fraktionschef Axel Vogel sieht die brandenburgische SPD, „die einseitig auf Platzeck zugeschnitten und in den letzten Jahren wie ein Freundeskreis geführt wurde“, in einem dramatischen Umbruch. „Wenn sie es nicht schafft, sich zu erneuern, sind Platzecks Tage gezählt.“

Platzeck hatte nach der Rückkehr aus seinem Urlaub die Aufforderung zum Mandatsverzicht an die Adresse Speers damit begründet, dass dieser mit seinem Verhalten das Vertrauen in die Politik beschädigt habe. Umso mehr sorgte nun SPD-Fraktionschef Ralph Holzschuher für Irritationen: Er erklärte bei einer Pressekonferenz, dass das „Grundvertrauen“ der SPD-Landtagsfraktion und auch Platzecks in Speer weiter bestehe, dass niemand von Speer den Verzicht auf das Landtagsmandat gefordert habe. „Was nicht da ist, ist die Hoffnung, dass sich das Thema in der Öffentlichkeit beruhigen lässt“, sagte Holzschuher. Am frühen Abend versuchte Holzschuher den Fauxpas, den Gegensatz zur Platzeck-Begründung, mit einer Presseerklärung wettzumachen: Die zu späte Klärung Speers sei geeignet, Vertrauen zu zerstören. Er hoffe, dass Rainer Speer schnell zu einer Entscheidung kommen werde.

Für Irritationen wiederum sorgte Linke-Fraktionschefin Kerstin Kaiser, die nach eigenem Bekunden von Platzecks Bitte an Speer „überrascht“ wurde. „Wir hatten die Information, dass dieser bis Jahresende nachdenken will.“ Kaiser äußerte Verständnis für das Vorgehen Platzecks, doch sorgte ihre Begründung in der SPD für Unmut: Die „Arbeit der SPD und der Koalition“ und „deren politische Handlungsfähigkeit“ habe infrage gestanden, so Kaiser. Nach ihrer Einschätzung steckt die SPD in einer Krise. „Es ist eine ernste Situation. Wir trauen dem Koalitionspartner zu, den Klärungsprozess zu bewältigen.“ Und die Linke-Fraktionschefin zog sogar eine Parallele zwischen den biografischen Erfahrungen der Linken beim Kollaps der SED-Staatspartei 1989 und dem, was in der Brandenburger SPD jetzt geschieht, wo die Linken demnach ebenfalls Staatspartei-Tendenzen wahrnehmen. „Wir gehen davon aus, dass nach 20 Jahren ähnliche Fragen an die SPD gestellt sind“, sagte Kaiser jedenfalls. Zugleich warnte Kaiser vor einer „Jagd“ auf Speer. Er müsse nicht innerhalb von 24 Stunden zurücktreten.

Die Opposition lässt, ermuntert durch die „rot-roten Chaostage“ (ein Abgeordneter) nicht nach. Im Immobilien-Untersuchungsausschuss wollen CDU, FDP und Grüne jetzt untersuchen, was die Platzeck-Regierung nach Bekanntwerden des dubiosen Verkaufs der Krampnitz-Kaserne zur Schadensbegrenzung unternahm. Und im Hauptausschuss geht es heute wieder um die zweifelhafte Verbeamtung der Kindsmutter und Ex-Geliebten Speers. Erwartet wird Matthias Platzeck. FDP-Fraktionschef Andreas Büttner: „Die Zeit seines Schweigens ist hoffentlich endgültig vorbei.“

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