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Brandenburg: Brandenburger Glücksfall

Von Claus-Dieter Steyer Vielleicht hatte Mühlberg bislang einfach nur Glück. Aber getreu dem Spruch, wonach dies auf Dauer nur dem Tüchtigen hold sei, rettete sich die kleine Stadt mit riesigen Einsatz vor allem selbst vor der Überflutung.

Von Claus-Dieter Steyer

Vielleicht hatte Mühlberg bislang einfach nur Glück. Aber getreu dem Spruch, wonach dies auf Dauer nur dem Tüchtigen hold sei, rettete sich die kleine Stadt mit riesigen Einsatz vor allem selbst vor der Überflutung.

An den Dämmen allein kann es nicht liegen, dass sie ausgerechnet in diesem kleinen südwestlichen Brandenburger Zipfel dem Druck standhielten. Ringsum soffen die Städte und Dörfer regelrecht ab. An anderen Stellen riss die Flut Menschen in den Tod und begrub Häuser, Straßen und Plätze unter sich. Aber im gerade 2200 Einwohner zählenden Ort, den bis vor einer Woche kaum jemand von außerhalb kannte, richtete das Wasser nur wenige Schäden an. Bisher.

Hätten die Behörden vor elf Jahren auf den Willen der Menschen gehört, sähe es vielleicht jetzt ganz anders aus. Die Mehrheit der Mühlberger hatte sich in einer Abstimmung für einen Wechsel nach Sachsen entschieden. Die im Süden von Riesa und im Norden von Torgau begrenzte Region fühlte sich wie eine Brandenburger Enklave und damit weit ab vom Schuss. Doch der Landrat des Anfang der neunziger Jahre noch bestehenden Kreises Bad Liebenwerda ignorierte das mehrheitliche Votum für Sachsen und hielt die Mühlberger in Brandenburg. Welch ein Glück! Denn so konnte sich das gewaltige Krisenmanagement des Landes seit Anfang vergangener Woche auf den mit 17 Kilometer vergleichsweise kleinen südwestlichen Elbe-Abschnitt Brandenburgs konzentrieren.

Schon am Mittwoch, als der Pegel noch längst keine Besorgnis auslöste, eilten Ministerpräsident und Innenminister mit ihren Stäben in die Kleinstadt.

Im Handumdrehen lief eine Maschinerie an, von der bedrohte Orte in Sachsen und Sachsen-Anhalt nur träumen konnten. Die Erfahrungen aus dem Kampf gegen Oderflut vor fünf Jahren erwiesen sich als unschätzbar. Im Unterschied zum Juli 1997 übernahm diesmal kein Handwerker der Freiwilligen Feuerwehr das Kommando über die Einsatzkräfte, sondern der Regierungschef zusammen mit dem Landrat. Gestern zählte die gesamte Helferschar mehr als 1000 Personen. Die Bundeswehr rückte schon am ersten Tag der Krise zum Einsatz an die bedrohten Deiche aus und flickte in der Folge jeden kleinen Riss.

Wie groß die Unterschiede zwischen dem brandenburgischen und dem sächsischen Gebiet waren, zeigte der Deichriss am kleinen Dorf Stehla an der Landesgrenze. Dort hatte man wohl schlichtweg vergessen, die 170 Einwohner wohl schlichtweg aus dem Ort zu bringen. Die fünf Kilometer entfernt wohnenden Mühlberger mussten dagegen schon vor vier Tagen ihren Ort verlassen, um damit nicht zuletzt den Rettungskräften im Notfall freie Fahrt zu garantierten.

Für die nun die Flut erwartende Prignitz rund um Wittenberge steigen die Chancen für eine erfolgreiche Abwehr des Hochwassers. Die Zeit dürfte ausreichen, die Erfahrungen von Mühlberg zu nutzen.

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