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Brandenburg: Brandenburgische Frauenwoche: "Ich frage mich, wie hier überhaupt eine Wende möglich war"

Ehe die brandenburgische Frauenwoche eröffnet wird, muss Gesundheitsstaatssekretärin Margret Schlüter einen Stoßseufzer loswerden: "Wir haben bis zum Schluss gebibbert, ob sie kann." Sie konnte.

Ehe die brandenburgische Frauenwoche eröffnet wird, muss Gesundheitsstaatssekretärin Margret Schlüter einen Stoßseufzer loswerden: "Wir haben bis zum Schluss gebibbert, ob sie kann." Sie konnte. Regine Hildebrandt ist zur Eröffnungsfeier gekommen, trotz ihrer schweren Krebserkrankung; zu wichtig ist ihr das Anliegen. "Heute war ich wieder zur Chemotherapie, aber nun bin ich hier."

Es ist Hildebrandts erster offizieller Auftritt in der Potsdamer Staatskanzlei, seit die Sozialministerin im Oktober 1999 aus Protest gegen die Große Koalition und enttäuscht über ihren Weggefährten Manfred Stolpe den Platz am Kabinettstisch geräumt hat. Der Ministerpräsident, am Morgen zum Kurzurlaub nach Österreich abgereist, lässt sich entschuldigen. Sozialminister Alwin Ziel richtet Stolpes "herzliche Grüße" aus, "in einer Form, wie man sie in Worte nicht fassen kann, nämlich mit Blumen". Verstohlen-skeptische Blicke im Saal. Warum auch sollte das für die märkischen SPD-Spitzenpolitiker typische schlechte Gewissen, weil man Hildebrandt hat ziehen lassen, weil ihre Stimme im Lande seitdem seltener als anderswo zu hören ist, hier nicht zu spüren sein?

Die Ex-Ministerin bleibt auch an diesem Abend loyal, zu ihrer Partei, zu Stolpe. In dem Grußwort, das zu einer zwanzigminütigen Grundsatzrede über Frauenpolitik wird, vor rund hundert Mitstreiterinnen und, inklusive Minister und Journalisten, neun Männern, meidet Regine Hildebrandt das Reizthema. Im Gegenteil: Obwohl sie selbst die umstrittenen Kürzungen bei den Kindertagesstätten kritisiert hat, rückt die Ex-Ministerin nun selbst die Debatte zurecht. Es sei ja der Eindruck entstanden, dass "hier alles zu Ende ist", sagt sie, "ich rede lieber über das, was übrig ist: Und da ist Brandenburgs Kita-Gesetz das beste in Deutschland."

Es sind vor allem optimistische Botschaften, die die SPD-Politikerin zu verkünden hat, kämpferisch wie eh und je. Vielleicht ist die Stimme diesmal etwas leiser, belegter als früher. Auch das elegante NadelstreifenJackett, kombiniert mit weißer Bluse und knallrotem Schal, wirkt ungewohnt bei der bald Sechzigjährigen, die auf Äußerlichkeiten nie Wert legte, und verstärkt umso mehr die Wirkung: wenn Hildebrandt an die Aufbruchstimmung von 1989 erinnert, gegen den verbreiteten Kleinmut in den neuen Ländern predigt. "Manchmal frage ich mich, wie hier überhaupt eine Wende möglich war." Aber sie "will Mut machen für den Weg der vor uns liegt". Immerhin hätten die ostdeutschen Frauen vieles durchgesetzt, was in der alten Bundesrepublik noch illusorisch schien, wenn auch "von hinten durch die Brust ins Auge": die Fristenregelung, das Recht auf einen Kita-Platz. Sie zitiert Umfragen, wonach 93 Prozent der deutschen Frauen heute Gleichheit im Beruf anstreben, statt sich auch geistig an den Kochtopf zu fixieren. "Das ist doch toll." Als die Feier beendet ist, muss Regine Hildebrandt Hände schütteln. Vertraute Gesichter. Es werden kaum Worte gewechselt. Man versteht sich auch so.

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