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Brandenburg: Bundesgartenschau: Buga entpuppt sich als Lust-Garten

Die Bundesgartenschau 2001 in Potsdam hat am Sonnabend ihre Pforten erstmals für Besucher geöffnet. Am Freitag hatte Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) vor rund 5000 geladenen Gästen den Startschuss für die 170-tägige Schau gegeben.

Die Bundesgartenschau 2001 in Potsdam hat am Sonnabend ihre Pforten erstmals für Besucher geöffnet. Am Freitag hatte Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) vor rund 5000 geladenen Gästen den Startschuss für die 170-tägige Schau gegeben. Bis Anfang Oktober werden 2,5 Millionen Besucher erwartet. Allein am ersten Wochenende rechnen die Veranstalter mit rund 30 000 Gästen. Die ersten Gartenfans warteten am Sonnabendmorgen bereits vor Öffnung des Geländes darauf, eingelassen zu werden. Die Veranstaltung sei "gut angelaufen", sagte eine Sprecherin.

Trotz frostiger Temperaturen von vier Grad ließen sich die Premieren-Besucher die Stimmung nicht vermiesen. Kurz nach Öffnung der Tore wurden schon die ersten Gäste mit Velo-Taxen (Kurzstrecke drei Mark) über das 73 Hektar große Gelände gekurvt. "Bei uns liegt Schnee, hier ist ja noch richtig warm", freut sich eine 67-jährige Rentnerin einer Reisegruppe aus Passau. Auch einem 43-jährigen Geschäftsmann aus Japan gefiel die Schau: Die Buga finde er im Prinzip gut - "aber wohl eher im Juli und August, wenn es warm ist", fügt der Asiate hinzu.

Viele Besucher hatten sich gestern nach dem Modell Zwiebel eingekleidet. "Ich trage unter der dicken Jacke drei Pullover und außerdem zwei Strumpfhosen", erklärte eine Besucherin aus Brandenburg die besondere Modeform. "Sonst frieren wir uns höchstens noch alles ab und haben gar keine Freude an der Blumenpracht." So wie sie passierten gestern viele dick eingepackte Gäste die Drehkreuze am Haupteingang zum Buga-Park. Bei knapp unter acht Grad Celsius Lufttemperatur halfen neben dicken Jacken, Handschuhen und Schals auch Hüte und Mützen. Vor allem Senioren ließen sich aber vom Ausflug nicht abhalten.

Da wegen des kalten Wetters viele Blumen noch nicht blühen, ist die Hauptattraktion auf dem Buga-Gelände zunächst die Eröffnungsschau in der 60 Millionen Mark teuren Halle "Biosphäre". Sie liegt wie ein Ufo mit großen Glasflächen zwischen künstlichen Wällen. "Eine herrliche Halle, so etwas habe ich noch nie gesehen", schwärmte eine 67-jährige Hausfrau aus Halle, die schon früh morgens mit dem ersten Zug nach Potsdam gereist war. Sie freut sich auch darüber, dass der Buga-Park auf früherem Militärgelände liegt. "Das ist ein gutes Zeichen für den Frieden". Auf einem Gärtner- und Bauernmarkt bieten ferner 22 Brandenburger Unternehmen Pflanzen und regionale kulinarische Spezialitäten an.

Pünktlich zur Eröffnung der Bundesgartenschau wurde am Sonnabend auch der rekonstruierte alte Lustgarten wieder eingeweiht. Dieser historische Teil der Potsdamer Innenstadt ist eine von vier Buga-Kulissen. Der Lustgarten liegt in der historischen Innenstadt und wurde in seinen ursprünglichen Ausmaßen aus dem 18. Jahrhundert wieder hergestellt. Hier wehte den Gästen der Eröffnungsfeier ein besonders frischer Wind entgegen. Denn Oberbürgermeister Matthias Platzeck lud sie zum Blick in luftiger Höhe ein - ins Riesenrad. Das Rad steht noch bis Ende des Jahres auf dem neuen Festplatz gegenüber vom Filmmuseum. Dieser Teil des Lustgartens ist künftig für Messen und Jahrmärkte reserviert. Von den sechs Mark Fahrpreis erhält die Kulturorganisation der Vereinten Nationen Unesco 1,20 Mark für Projekte zur Ausbildung von Kindern in Not.

Von oben bot sich eine phantastische Aussicht auf einen der "wesentlichsten Teile der Buga", wie Platzeck erklärte. Schließlich habe durch die Gartenschau die ganze Stadt und nicht wie sonst üblich nur ein Park aufblühen sollen. "Jetzt können wir uns auf den Weg machen, die ganze historische Mitte zu erobern", sagte ein sichtlich gut gelaunter Oberbürgermeister zu den zahlreich erschienen Gästen. Brandenburgs Bauminister Hartmut Meyer (SPD) hob hervor, mit der modernen Anlage auf historischem Grundriss erhalte Potsdam einen "Volksplatz" für die Zukunft.

Die Anlage an der Havel gilt als der älteste Garten Potsdams. 1525 war hier der erste Schlossgarten entstanden, den Friedrich I. ab 1701 zu einem königlichen Ensemble umgestalten ließ. Dabei achtete er auf eine strikte Zweiteilung: Im Bereich des Schlosses und des Marstalls befand sich ein unbefestigter Paradeplatz, an den sich im Süden hinter einer Hecke ein schöner Garten anschloss. Zusammen mit dem Stadtschloss und der Nikolaikirche am Alten Markt bildete der Lustgarten einst eines der schönsten Architektur-Ensembles Europas. Die im 16. Jahrhundert geschaffene Parkanlage war kurz nach Kriegsende unter anderem dem Bau des Ernst-Thälmann-Stadions zum Opfer gefallen. 1962 wurde das Neptunbassin zugeschüttet. Mit dem Hotelbau und der Anlage großer Straßen verlor die historische Mitte endgültig ihr Gesicht.

"Ohne die Buga wären wir noch längst nicht wieder so weit", sagte der Oberbürgermeister. Ähnlich empfanden viele ältere Potsdamer an diesem Tag. "Wir haben ein Stück des Stadtkanals, den Neuen Markt und die wunderbare Freundschaftsinsel wieder", erzählte ein Pensionär. "Ich kann es noch gar nicht fassen, dass wir in wenigen Wochen wieder durch das Fortunaportal des Stadtschlosses gehen können." Auch wenn nicht alle Arbeiten geschafft seien, wäre das Ergebnis einfach toll. Die Potsdamer nahmen den Lustgarten gleich nach der Eröffnung in Besitz. Kinder spielten Fußball, junge und alte Menschen legten sich auf die besonders geformten Liegen und Skater amüsierten sich auf dem glatten Beton.

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