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Brandenburg: Bundeswehr zahlt für tote Strauße

Nach Tiefflug waren neun Tiere gestorben. Züchter klagte auf Schadenersatz

Neuruppin/Neulöwenberg - Für den Tiefflug einer schweren Transportmaschine über das kleine Dorf Neulöwenberg vor fast einem Jahr muss die Bundeswehr 5000 Euro Schadenersatz leisten. Das Geld erhält der Straußenfarmbesitzer Frank Winkler, der den Tod von neun Tieren beklagte, die durch den Tiefflug der Transall über dem Gehege regelrecht in den Tod getrieben worden seien. Der 44-Jährige bezifferte seinen Gesamtschaden gestern vor dem Landgericht Neuruppin sogar auf 7869,05 Euro. Da die Bundeswehr die Zahlung dieser Summe ablehnte, hatte er sie verklagt.

Das Gericht drängte beide Parteien gestern zu einem gütlichen Vergleich. Nach langem Hin und Her einigten sie sich schließlich auf die 5000 Euro Schadenersatz. „Ich bin froh, dass die Bundeswehr überhaupt zahlt“, begründete Winkler seinen Verzicht auf fast 3000 Euro. „Ohne den Kompromiss hätte sich das Verfahren vielleicht noch durch mehrere Instanzen hingezogen. Irgendwann muss Schluss sein.“ Den 8. Dezember 2004 wird er dennoch nicht so leicht vergessen: Durch den plötzlichen Lärm der riesigen Maschine mit 40 Meter Spannbreite seien die 120 Tiere seiner Farm in Panik geraten und wild durcheinander gelaufen. Drei Strauße hätten sich dabei die Beine gebrochen, so dass eine Notschlachtung erforderlich wurde; Fleisch und Federn seien nicht mehr zu verwerten gewesen. Sechs weitere Tiere erlitten nach Winklers Angaben einen solchen Schock, dass sie nichts mehr fressen mochten und wenige Tage später durch Hunger starben.

Die Bundeswehr bestritt bis zuletzt einen Zusammenhang zwischen dem Tiefflug und dem Tod der neun Tiere. „Laut den Radaraufzeichnungen befand sich die Maschine in 160 Meter Höhe und damit zehn Meter über der zulässigen Marke“, erklärte Anwalt Torsten Schuster. „Außerdem befand sich die Straußenfarm in 450 Meter Entfernung von der Maschine.“ Zeugen hatten jedoch ebenfalls von einem „direkten Überflug“ gesprochen. Das Argument der Flughöhe ließ Richter Lambert Schmidt nicht gelten. „Wenn ein Autofahrer auf einer für Tempo 50 zugelassenen Dorfstraße einen Hund überfährt, wird er auch bei 40 Stundenkilometern zur Haftung herangezogen“, sagte Schmidt. Ein Überflug in so geringer Höhe stelle eine Gefährdung dar, da komme es auf zehn Meter mehr oder weniger nicht an.

Allerdings sei es nicht klar, ob es für den Tod der sechs verhungerten Tiere nicht doch auch andere Ursachen gebe. Die Vertreter der Bundeswehr gaben noch zu bedenken, dass Strauße keine heimischen Tiere seien und eine „generell andere Lebensweise als im Gehege“ bevorzugten. Das könne ihre Schreckhaftigkeit erklären, meinte der Anwalt. Züchter Winkler konterte: „80 Prozent aller Strauße werden weltweit in Farmen gehalten. Sie sind weitgehend gezähmte, wenn auch recht sensible Tiere.“

Seitdem der Straußenzüchter geklagt hatte, wurden in Neulöwenberg und Umgebung keine Tiefflüge der Bundeswehr mehr beobachtet. Die Farm dürfte heute wohl auf den Karten der Luftwaffe als ein besonders heikles Gebiet verzeichnet sein – auch wenn das einer ihrer Vertreter bestritt.

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