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Eine neue Buslinie verbindet Frankfurt (Oder) mit der polnischen Schwesterstadt Slubice.

© dpa

Buslinie nach Polen: Letzter Halt Heldenplatz

Die neue Buslinie 983 von Frankfurt über die Oder nach Polen fährt nicht bis zum Basar – die Lobby der Taxifahrer hat das verhindert. In Slubice hat das Tradition.

Die rüstige Rentnerin sieht sich an der Endhaltestelle von Bus 983 ein wenig ratlos um. „Plac Bohaterow“, steht auf dem Haltestellenschild. Doch der „Heldenplatz“, so die Übersetzung vom Polnischen ins Deutsche, hat wenig zu bieten. „Wo ist denn der Basar?“, fragt sie den Busfahrer, doch der schüttelt den Kopf. „Da fahren wir nicht hin. Aber gleich um die Ecke gibt es die ersten Geschäfte.“ Gerda Maeder aber will unbedingt in die Verkaufsbudenstadt in Slubice. Deshalb ist sie hier, da war sie immer mit ihrem Mann einkaufen. Weil er sich inzwischen nicht mehr ins Auto setzen will, ist die Frau aus einem Vorort Berlins in den Bus gestiegen, den neuen Bus von Frankfurt über die Oderbrücke in die Schwesterstadt Slubice am anderen Flussufer. Nun geht sie mit ihrem Einkaufstrolley zu Fuß weiter zum Warenhaus „Intermarché“.

Ähnliche Erfahrungen machen täglich viele Fahrgäste mit dem „ersten öffentlichen Nahverkehrsbus“ zwischen Deutschland und Polen, der seit dem zweiten Advent die beiden Oderstädte verbindet. Sie verweisen fast immer auf Medienberichte, wonach der beliebte Basar zum Haltestellenplan gehöre. Doch das trifft nicht zu: Das Geschäft mit den Fahrten zur Budenstadt am Ortsrand lassen sich die Taxi-Fahrer nicht entgehen. Sie warten hinter der Oderbrücke und fahren ihre Passagiere im Schnitt für fünf Euro zum drei Kilometer entfernten Basar. Der Bus hält in ihrer Nähe.

Die Taxi-Kutscher müssen in der Slubicer Stadtverwaltung nach wie vor eine starke Lobby haben. Schon einmal haben sie eine grenzüberschreitende Verbindung verhindert. Bereits Ende der 90er Jahre gab es erste Pläne für eine Straßenbahn, wie sie von 1898 bis 1945 zwischen Frankfurt und der einstigen Dammvorstadt pendelte. Bis 2003 und damit zur 750-Jahr-Feier der Stadt, so hieß es damals, sollten die Gleise auf der Oderbrücke verlegt sein. Doch der Euphorie folgte die Ernüchterung. Slubice verwies in seiner Ablehnung auf die „Interessen hunderter Taxifahrer“, während in Frankfurt die Angst vor einem „finanziellen Desaster“ geschürt wurde. Die Stadt, die in den ersten 15 Jahren nach der Wende 25 000 ihrer 88 000 Einwohner verloren hatte, könne sich das Projekt nicht leisten, hieß es in vielen Debatten. So verwunderte es kaum, dass in einer Volksabstimmung Anfang 2006 etwa 83 Prozent eine Straßenbahn ablehnten.

Die damals gegründete Bürgerinitiative „Pro Tram“ gab allerdings nicht auf. Zur Eröffnung der Buslinie demonstrierte sie erneut für ihr Anliegen. „Der Bus ist nur ein Zwischenschritt. Wir wollen die Straßenbahn“, sagte der Grünen-Abgeordnete Jörg Gleisenstein. Während aber für den Bau der Straßenbahn rund zehn Millionen Euro veranschlagt waren, kostet der Bus der Städtischen Verkehrsgesellschaft nur 130 000 Euro im Jahr. Mehr als zwei Drittel davon sollen durch den Verkauf von Fahrkarten zu 1,40 Euro und das Semesterticket der Viadrina-Universität wieder hereinkommen. Alle Studenten zahlen pro Semester 3,50 Euro für den Bus. Schließlich sind sie neben den Einkaufstouristen die Hauptnutzer der Verbindung, weil sich Wohnheime, Hörsäle und Seminarräume beiderseits der Oder befinden. Da der Bus am Morgen und abends sowie an den Wochenenden bis zum Bahnhof rollt, sparen sie von und nach Berlin viel Zeit.

Nur die Taxi-Fahrer bleiben skeptisch. „Der Bus fährt die Leute zu den Läden ins Slubicer Zentrum. Irgendwann will niemand mehr zum Basar“, sagt einer in der Warteschlange. Schon jetzt sieht es auf dem Gelände nicht sehr voll aus. Die beiden wichtigsten Produkte gibt es gleich hinter der Brücke: Zigaretten und Benzin. Infos zur Buslinie: www.svf-ffo.de

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