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Warten auf den Tag X. Durch Ostdeutschland soll in der kommenden Woche ein Transport mit Atommüll rollen. Mehrere Strecken sind möglich. Foto: Kai Pfaffenbach/Reuters

© REUTERS

Castor-Transport: Atomkraftgegner machen mobil

Durch Brandenburg rollt nächste Woche ein Castor-Transport mit hoch radioaktivem Atommüll. Die Protestaktionen der Gegner sollen heute beginnen. Die Strecke für den Castor-Transport ist weiter geheim.

Potsdam – Durch Brandenburg rollt nächste Woche ein Castor-Transport mit hoch radioaktivem Atommüll. Polizei und Atomkraftgegner bereiten sich seit Tagen intensiv darauf vor. Auf welcher Bahnstrecke genau der Zug mit vier Behältern vom französischen Cadarache aus ins Zwischenlager nach Lubmin bei Greifswald (Mecklenburg-Vorpommern) fährt, ist noch unklar. Die Kernelemente stammen aus dem früheren Kernforschungzentrum Karlsruhe und vom Atomfrachter „Otto Hahn“.

Brandenburgs Innenministerium hält sich bislang bedeckt. „Zeit und Route des Transport werden nicht mitgeteilt“, sagte Ministeriumssprecher Geert Piorkowski. Dies unterliege der Geheimhaltung. „Voraussichtlich wird der Transport nur über einen kleinen Streckenabschnitt durch Brandenburg fahren.“ Atomkraftgegner ziehen aus derlei Äußerungen eigene Schlüsse. „Die Hinweise verdichten sich, dass der Zug von Magdeburg über Stendal in Sachsen-Anhalt über Wittenberge in der Prignitz und von dort weiter Richtung Rostock fährt“, sagt Bernd Ebeling von der Antiatom-Gruppe Contratom. „Das wäre die kürzeste und schnellste Strecke und ist zudem gut ausgebaut.“ Entsprechende Signale kommen auch aus dem Nachbarland. „Wir gehen davon aus, dass die Hauptroute in der Nacht vom 15. auf den 16. Dezember durch Sachsen-Anhalt führt“, sagte ein Sprecher des Innenministeriums in Magdeburg. Allerdings könne sich das je nach Witterung und durch Blockaden von Atomkraftgegnern ändern. Die konkrete Route lege das Eisenbahn-Bundesamt kurzfristig fest.

Damit kommen auch andere Strecken in Frage: Zwei Routen führen über Bad Belzig und Potsdam oder Luckenwalde und Ludwigsfelde in Richtung Berlin. Weil der Westring der Bahn in Richtung Norden wegen des Baus einer Havel-Brücke in Hennigsdorf (Oberhavel) blockiert ist, könnte der Castor-Zug nur über Schönefeld und den Osten Berlins geführt werden – durch Köpenick, Biesdorf, Hohenschönhausen und Karow. Von dort ginge es entweder über Bernau, Eberswalde und Prenzlau in Richtung Greifswald, alternativ auch über Oranienburg.

Dort hat die Nachricht Aufregung ausgelöst, weil im Boden der Stadt etliche Bomben-Blindgänger aus dem Zweiten Weltkrieg liegen. Eine für nächste Wochen angesetzte Entschärfung ist abgesagt. „Das Risiko in Oranienburg ist wegen der Bombenaltlasten zu groß“, sagt Rathaus-Sprecher Björn Lüttmann. „In einer Situation, in der wegen der Bomben der Schwerlasttransport eingeschränkt ist und Busse umgeleitet werden, ist ein Castor-Transport einfach nicht angebracht.“ Darauf hat auch Bürgermeister Hans-Joachim Laesicke (SPD) das Innenministerium hingewiesen.

Vielerorts rufen Parteien wie SPD, Linke und Grüne sowie Initiativen zu Protesten auf. Zentraler Auftakt ist am heutigen Sonnabend eine Großdemonstration in Greifswald. In Oranienburg, Bad Belzig und Potsdam soll es Aktionen geben. Auch zu Blockaden wird aufgerufen. In Biesenthal (Barnim) soll es zwei Tage lang eine Mahnwache geben. Die Grünen kündigen für Donnerstag Aktionen entlang der tatsächlichen Route an. „Wegen der verlängerten Laufzeiten für Kernkraftwerke erstarkt die Anti-Atom-Bewegung auch im Osten. Das Thema treibt die Menschen auf die Straße, die Zahl der Mitstreiter steigt“, sagt der grüne Landesparteichef Benjamin Raschke. Auch Brandenburgs Innenminister Dietmar Woidke (SPD) ist skeptisch: Er kenne keinen, der über den Castor-Transport und den Polizeieinsatz „glücklich ist“. Die Bundesregierung fahre mit den verlängerten Atomlaufzeiten „auf einem gefährlich-falschen Gleis“.

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