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Brandenburg: Charly bewacht Athen

Einstiges Luftschiff der Cargolifter AG übernimmt Sicherheitsüberwachung der Olympischen Spiele – mit millionenschwerer Technik an Bord

Brand – Bei den Fernsehbildern von den Olympischen Spielen dürfte es so manchem Aktionär der früheren Cargolifter AG wehmütig ums Herz werden: Am Athener Himmel schwebt ein kleiner Teil ihres verlorenen Vermögens. Das 61 Meter lange Luftschiff „Charly“, auf dem ursprünglich die Piloten für die in Brand geplanten riesigen Zeppeline ausgebildet werden sollten, übernimmt Aufgaben zur Überwachung und Übertragung des Sport-Geschehens. „Im Vordergrund steht der Sicherheitsdienst“, sagt der Geschäftsführer des Schweizer Unternehmens Skycruise, Christian Schulthess, in Zürich. „Das Luftschiff erhielt eine millionenschwere Ausstattung mit Kameras, Sensoren, Überwachungsgeräten und Kommunikationstechnik, wie sie bei Militär und von Geheimdiensten genutzt werden.“ Erstmalig komme bei einer Großveranstaltung in Europa ein Luftschiff für Patrouillen zum Einsatz. Bei den Olympischen Spiele in Atlanta 1996 hätten US-Luftschiffe gute Arbeit geleistet.

Die Besatzung an Bord kann sich über ihre Arbeitsbedingungen nicht beklagen. Neben dem konkurrenzlosen Blick auf die Stadien bietet ihnen das Luftschiff besten Komfort. Selbst eine Toilette fehlt nicht. Im Unterschied zu Hubschraubern oder Motorflugzeugen kann „Charly“ geräuschlos stundenlang über einer festen Stelle schweben und scharfe Bilder liefern. Von Bord werden alle auffälligen Bewegungen sofort an die Sicherheitszentralen am Boden weitergeleitet.

„Charly“ stammt aus der Insolvenzmasse der Cargolifter AG. Im Jahre 2000 kaufte ihn die Firmenspitze für etwa fünf Millionen Euro in Großbritannien, obwohl sich das Gerät damals schon einige Zeit in Betrieb befand. Doch Geld spielte für die Luftschiffentwickler in Brand keine Rolle in ihrer Euphorie, das größte Verkehrsmittel der Welt bauen zu wollen. Allein die 72000 Aktionäre sammelten rund 300 Millionen Euro für das Vorhaben. Dazu kamen rund 50 Millionen Euro öffentliche Fördermittel. Im Juli 2002 kam das Aus, weil Bund und Land keine weiteren Mittel mehr zur Verfügung stellten. Die Cargolifter-Halle öffnet am Jahresende als Tropenpark.

„Charly“ erhielt seinen Namen im September 2000 in einer öffentlichen Taufe von einem heute schon vergessenen Politiker: dem damaligen Verkehrsminister Reinhard Klimmt (SPD). Als „weißer Wal der Lüfte“ sollte „Charly“ vom technologischen Aufbruch in Brandenburg künden. Tatsächlich begann hier die Ausbildung von Luftschiffkapitänen. Kurz vor dem dreitägigen öffentlichen Ausverkauf des Inventars der Cargolifter AG sicherte sich die Firma Skycruise das Luftschiff. Auch Geschäftsleute aus Monaco hatten sich dafür interessiert. Die Schweizer wollten von Brand und von Tempelhof regelmäßig Rundflüge für Passagiere veranstalten. „Leider dauerte die Genehmigung der deutschen Bundesbehörden zu lange“, klagt Geschäftsführer Schulthess. „So fahren wir heute in der Schweiz statt über Berlin.“ Doch bis Ende September, wenn die Paralympics der Behindertensportler beendet werden, lautet das Einsatzgebiet Athen.

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