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Cottbus Gefängnis

© M. Behnke

Cottbus: Knast und Logis

Im Cottbuser Gefängnis saßen einst tausende politische Häftlinge. Jetzt möchte ein Investor daraus ein Hostel machen. Unumstritten ist das nicht: Denn dieses Gefängnis war zu DDR-Zeiten die nach Bautzen größte Haftanstalt für politische Häftlinge.

Cottbus - In Stockholm ist es bereits möglich: Dort können Touristen schaurige Nächte in einem ehemaligen Gefängnis verbringen. Nur ein Tisch, eine Pritsche und ein Hocker stehen dem Knastgast zur Verfügung. Souvenirs wie schwarz-weiß gestreifte T-Shirts und Anhänger in Form einer Fußkette mit Metallkugel kann man dort erwerben. In Cottbus wird nun über ein ähnliches Projekt debattiert. Dort hat der Berliner Investor Uwe Harzdorf fast das gesamte Gelände der ehemaligen Strafvollzugsanstalt gekauft. Seinem Konzept zufolge, das er den Stadtverordneten vorgelegt hat, will er in dem Ex-Knast unter anderem ein Hostel integrieren. Doch in diesem Gefängnis saßen zu DDR-Zeiten nicht nur gewöhnliche Kriminelle ein, es war auch die nach Bautzen größte Haftanstalt für politische Häftlinge. Tausende „Grenzverletzer“, Ausreisewillige und Mitglieder kirchlicher Friedensgruppen – die genaue Zahl ist nicht bekannt – wurden hier unter teilweise unmenschlichen Bedingungen gefangen gehalten.

Harzdorf möchte seine Ideen noch nicht genau publik machen. „Ich will damit Geld verdienen“, sagte der Berliner Unternehmer lediglich. Schließlich habe die Anlage auch viel Geld gekostet. „Genaues gebe ich erst bekannt, wenn ich die Genehmigung habe.“ Das aber kann dauern. Die Stadt Cottbus hat die Planungshoheit über das Grundstück. Die Stadtverordnetenversammlung will sich am kommenden Mittwoch mit der Zukunft des ehemaligen Gefängnisses befassen; möglicherweise wird dann bereits das Bebauungsplanverfahren eingeleitet.

Dass etwas mit der Immobilie passieren muss, darüber sind sich indes alle einig. „Wir sind natürlich interessiert, dass die brachliegende Fläche genutzt wird“, sagt der Sprecher der Stadtverwaltung Peter Lewandrowski. Schließlich liege der seit 2002 leer stehende Komplex nur zwei Kilometer vom Rathaus entfernt. Im Flächennutzungsplan der Stadt ist das Areal als Wohngebiet ausgewiesen. Deswegen nimmt Lewandrowski auch an, dass die Stadtverordneten dem Antrag des Investors zustimmen werden. Laut einem Konzept, das dieser den Stadtverordneten vorgelegt hat, will Harzdorf neben dem Hostel Ateliers, Werkstätten und Gastronomie auf dem Gelände einrichten. In der äußeren Zone des insgesamt 4,8 Hektar großen Grundstücks sollen außerdem „Einrichtungen für altersgerechtes Wohnen mit Betreuung“ entstehen. Wie es intern hieß, werde sich die Stadtverwaltung wohl nicht mit allen Punkten anfreunden können.

Entscheidend sein dürfte aber, ob und inwieweit Harzdorf für den Marketing-Effekt seiner Herberge das Knast-Image ausnutzen will. Für den Ex-Häftling Siegmar Faust wäre ein Pendant zu der Stockholmer Touristen-Attraktion eine Horrorvorstellung. Faust ist ehrenamtlicher Geschäftsführer des Vereins „Menschenrechtszentrum“, der am Sonnabend in dem von der Stadt erworbenen ehemaligen Wohnhaus für Anstaltsbedienstete eine erste Ausstellung über die Geschichte des Gefängnisses von 1855 bis 2002 eröffnet hat. Der heute 64-jährige Faust verbrachte selbst mehr als 400 Tage in einer Einzelzelle im Keller der Strafanstalt. „Das letzte, was wir wollen, ist ein Gruselhotel“, sagt Faust. Das könne man in 500 Jahren machen. „Jetzt wäre das eine billige Geschäftsmasche, mit der man die Opfer der DDR-Diktatur aufs Schlimmste verhöhnen würde.“ Uwe Harzdorf versichert indes, er wolle zu dem Menschenrechtszentrum einen guten Kontakt pflegen.

Und der Vorsitzende des Vereins, der CDU-Landtagsabgeordnete Dieter Dombrowski, der seit längerem für eine Gedenkstätte in dem Gefängnis kämpft, kann dem Hotelplan auch durchaus etwas abgewinnen. Dombrowski, der in den 70er Jahren für 20 Monate in Cottbus einsaß, sieht das Positive: „So bleibt die Bausubstanz erhalten, und die Hotelbesucher können sich das Gefängnis angucken.“

Andreas Wilhelm

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