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DDR-Aufarbeitung: Großauftrag für die Enquete-Kommission

Die Opposition beantragt einstimmig das Gremium, das die Aufarbeitung der SED-Zeit überprüfen soll.

Potsdam - Eine Enquete-Kommission des Landtages wird in Brandenburg die Aufarbeitung der SED-Diktatur und den „Übergang in einen demokratischen Rechtsstaat“ untersuchen. Die Oppositionsfraktionen CDU, Grüne und FDP beschlossen gestern auf einer gemeinsamen Sitzung einstimmig diesen Untersuchungsauftrag. Vor der Presse verteidigten die Fraktionschefs Johanna Wanka (CDU), Axel Vogel (Grüne) und Hans-Peter Goetz (FDP) danach den „breiten Ansatz“ für die aus sieben Politikern und sieben Wissenschaftlern bestehende Kommission. Ende März wird der Landtag über den Antrag beschließen, danach kann die Kommission ihre Arbeit aufnehmen.

Sie soll bis 2012 unter anderem die Stasi-Überprüfungspraxis in Landtag, Verwaltung und Kommunen, die Übernahme von DDR-Systemträgern, den Umgang mit SED-Opfern, aber auch das nach 1990 im Land vermittelte Geschichtsbild, die politische Kultur, den Sport, das Bildungswesen, Strukturen in der Landwirtschaft und die Rolle heutiger Medien untersuchen und Schlussfolgerungen empfehlen.

„Es ist die Chance für eine ergebnisoffene Debatte. Es geht nicht um parteipolitisches Hickhack, nicht um Spaltung, sondern um Gemeinsamkeit“, sagte Wanka. Seit Bildung der rot-roten Regierung und den Stasi-Fällen in der Koalition sei viel von Aufarbeitung die Rede gewesen, doch ein „echter Ansatz war nicht erkennbar“.

Die Initiative für die Kommission geht auf die Grünen zurück. Deren Fraktionschef Axel Vogel wies darauf hin, dass in Brandenburg seit 1990 die Wahlbeteiligung sinke und das Land dabei inzwischen Schlusslicht in Deutschland sei. Das hat seiner Ansicht nach auch mit der mangelhaften Aufarbeitung der Geschichte zu tun. Es sei eine Aufgabe für die Kommission, Vorschläge zu erarbeiten, wie sich das ändern könne.

Nach heftigen Auseinandersetzungen bewegen sich Opposition und rot-rote Koalition zumindest aufeinander zu. „Jamaika“ ergänzte seinen Untersuchungsauftrag um einen Passus, auch die Rolle der Aufbauhelfer aus dem Westen zu untersuchen, was einer rot-roten Forderung entspricht. SPD-Fraktionschef Dietmar Woidke stellte die Zustimmung der SPD zu dem Antrag in Aussicht, wenn dort zwei „entbehrliche“ Passagen zur heutigen Pluralität von Brandenburger Medien und zu Strukturen in der Landwirtschaft gestrichen würden. Ungeachtet dessen wird Rot-Rot aber den Auftrag der Enquete-Kommission, die sie nicht verhindern kann, mit einem eigenen Antrag um weitere Aufgaben ergänzen: Dieser enthält Fragen zur Übernahme des „westdeutschen Modells“, zur Wirtschaft, zur Landesidentität und zu damaligen Rahmenbedingungen.

Beim Personal gibt es erste Entscheidungen. Die SPD nominierte trotz Vorbehalten der Opposition die parlamenatarische Fraktions-Geschäftsführerin und Politikwissenschaftlerin Klara Geywitz für den Vorsitz. Geywitz versicherte, dass sie das Amt konsensorientiert und neutral ausüben werde. Die Grünen schicken Fraktionschef Axel Vogel, die CDU den Generalsekretär und früheren politischen Häftling Dombrowski sowie Wanka als Stellvertreterin. Die FDP ist noch offen.

Die Linken wollen erst nächste Woche entscheiden, kündigten aber eine Besetzung aus der „ersten Liga“ an. Es ist nicht ausgeschlossen, dass neben dem als gesetzt geltenden jungen Vize-Fraktionschef Peer Jürgens auch Fraktionschefin Kerstin Kaiser, die als Studentin für die Stasi gespitzelt hatte, selbst in die Kommission geht. Thorsten Metzner

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