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Brandenburg: Deiche höher, aber kein absoluter Schutz

ZILTENDORF .Ein Jahr nach der Oderflut sind die Deiche höher, breiter und vor allem sicherer als je zuvor.

ZILTENDORF .Ein Jahr nach der Oderflut sind die Deiche höher, breiter und vor allem sicherer als je zuvor.Ministerpräsident Manfred Stolpe hatte sich gestern zur Kontrolle dieser seit Wochen von Brandenburger Experten vertretenen Meinung die kritischste Stelle im Oderdamm ausgesucht: Die vorjährige Bruchstelle bei Brieskow-Finkenheerd, südlich von Frankfurt.

Hier waren heute vor einem Jahr die Wasserfluten in die Ziltendorfer Niederung geflossen.Kurze Zeit später brach der Deich beim etwas südlich gelegenen Aurith zum zweiten Mal, so daß innerhalb weniger Tage 200 Millionen Kubikmeter Wasser in das von rund 1500 Menschen bewohnte Gebiet strömten.Nach Begutachtung der reparierten Deiche sagte Stolpe: "Die Region kann sicher leben.Die starke Solidarität aus ganz Deutschland hat dies möglich gemacht." Daß die Menschen an der Oder wieder optimistisch in die Zukunft schauen, zeige sich an der geringen Zahl von Familien, die ihre Heimat für immer verlassen wollten, sagte Stolpe.Nach der Katastrophe, als das ganze Ausmaß der Zerstörungen in den Häusern sichtbar geworden sei, hätten viele an ein Aufgeben gedacht.Die Spendenflut habe die Menschen zum Bleiben veranlaßt.

Altbischof Martin Kruse verteidigte die vom Landesspendenbeirat getroffene Festlegung, nur 90 Prozent der eingetretenen Schäden an den Häusern zu ersetzen."Wir mußten Raum für Eigeninitiative lassen, damit die Menschen ihr Eigentum wenigstens teilweise wieder selbst schaffen und eine Bindung zum neuen Haus aufbauen können." Absolute Gerechtigkeit bei der Spendenverteilung sei nicht möglich gewesen.Doch es habe nur wenige krasse Fälle von Überzahlungen gegeben."Wir sahen nirgendwo goldene Türklinken", sagte Innenminister Alwin Ziel.

In den Gesprächen mit betroffenen Familien vor Ort überwogen bei aller Dankbarkeit für die Spenden dennoch die Probleme.Einige Familien fühlten sich von den Wohlfahrtsverbänden nicht ausreichend betreut, andere klagten über angeblich zu hohe Entschädigungen für die Nachbarn.Der Bürgermeister der Thälmann-Siedlung wünschte sich einen Dorfplatz, um das verlorengegangene Gemeinschaftsgefühl der Einwohner wiederherzustellen.Auch in anderen vom Wasser überschwemmten Dörfern erfuhr Stolpe vom Nachlassen des einstigen Zusammengehörigkeitsgefühls.

Mitunter stieß der Politikertroß nicht überall auf offene Türen."Die ganze Erinnerung an die schreckliche Zeit kommt jetzt wieder hoch", erzählte Brigitta Gutsche in Aurith."Wir hatten sie einigermaßen verdaut.Nun aber bohren Fragen die alten Wunden wieder auf."

Die Politiker versuchten, den Menschen ein Gefühl der Sicherheit zu vermitteln."Wir reparieren keine Deiche mehr, sondern bauen die meisten Abschnitte von Grund auf neu", sagte Umweltminister Platzeck.Der Boden unter den Dämmen werde teilweise bis acht Meter Tiefe ausgehoben und ausgetauscht.Bis 2005 sollen 100 der 170 Kilometer langen Deiche erneuert sein."Sie halten einem rechnerisch alle 200 Jahre wiederkehrenden Oderhochwasser stand", sagte Platzeck."Gegen ein Jahrtausendhochwasser wie im letzten Sommer haben wir aber auch damit kaum eine Chance." Dafür müßten in der Flußlandschaft noch mehr Flutungsflächen angelegt werden.

Bisher gibt es keine Anzeichen für ein erneutes Sommerhochwasser.Im April und Juni führten stärkere Regenfälle zwar zu erhöhten Wasserständen.Sie lagen jedoch weit unter jenen im Sommer 1997.

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