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Brandenburg: Der Fall Wolf: "Todesliste" gibt Ermittlern Rätsel auf

Bisher fehlt jeder Beweis, dass Ex-Bauminister Jochen Wolf neben seiner Ehefrau Ursula noch weitere Personen von einem Killer ermorden lassen wollte. Die Sprecherin der Potsdamer Staatsanwaltschaft, Sigrid Komor, sagte am Freitag auf Anfrage: "Wir wissen weder von einer Todesliste, noch von weiteren Mordplänen.

Bisher fehlt jeder Beweis, dass Ex-Bauminister Jochen Wolf neben seiner Ehefrau Ursula noch weitere Personen von einem Killer ermorden lassen wollte. Die Sprecherin der Potsdamer Staatsanwaltschaft, Sigrid Komor, sagte am Freitag auf Anfrage: "Wir wissen weder von einer Todesliste, noch von weiteren Mordplänen." Man werde den Behauptungen nachgehen.

Die Bild-Zeitung berichtete unter Berufung auf einen 34-jährigen Freund von Wolf, der ihn nach eigenen Angaben mit dem Killer bekannt gemacht hat, dass der Ex-Politiker eine "richtige Todesliste" geführt habe: Zu den Menschen, an denen er sich rächen wollte, soll danach neben seiner Ehefrau auch der Potsdamer Amtsrichter gehören, der dieser Unterhalt zugebilligt habe. Außerdem auch Ministerpräsident Manfred Stolpe und ein weiterer SPD-Politiker. Wolf, der 1993 wegen einer Immobilien-Affäre seinen Minister-Hut nehmen musste, hatte Stolpe und den damaligen SPD-Parteichef Steffen Reiche für seinen Sturz verantwortlich gemacht. Auf seiner "Todesliste" soll außerdem ein Journalist gestanden haben. Bild-Autor Matthias Becker bestätigte auf Nachfrage, der Wolf-Freund habe ihm gegenüber erklärt, dass diese fünf Personen ermordet werden sollten. Allerdings hatte der von Wolf gedungene Killer nichts über weitere Mordpläne berichtet. Polizei und Staatsanwaltschaft haben davon jetzt erstmals aus dem Pressebericht erfahren. Der Mann, der die Behauptung aufgestellt hat, ist für die Ermittler kein Unbekannter. Der verhinderte Killer, ein ehemaliger Fremdenlegionär, hat ihn bei den Vernehmungen offenbar erwähnt. Beide sind vorbestraft und kennen sich aus dem Gefängnis. Der Wolf-Freund soll dem Vernehmen nach kurzfristig zur "Todesliste" vernommen werden. Wolf selbst konnte am Freitag zu den neuerlichen Vorwürfen nicht befragt werden. Die in der JVA Brandenburg geplante Vernehmung fand nicht statt, weil der Haftarzt den Ex-Politiker nach dem Selbstmordversuch am Dienstag nicht für vernehmungsfähig erklärte. Wolf wird jetzt voraussichtlich erst Dienstag von der Polizei vernommen werden. Aus Ermittlerkreisen hieß es am Freitag, dass der Ex-Politiker auch nach der angeblichen Mordliste gefragt werde. Allerdings geht man nicht davon aus, dass Wolf weitere Mordabsichten bestätigen werde. Dies widerspräche auch der Verteidigungslinie, die Wolfs Anwalt Sven Oliver Milke derzeit aufbaut: Danach ist Wolf ein Opfer von Polizei und Staatsanwaltschaft, die seinen Mandanten in eine Falle gelockt hätten. Nach Milkes Darstellung hat Wolf dem Killer im Frühjahr 2000 im Zustand verminderter Zurechnungsfähigkeit zwar den Auftrag zur Ermordung seiner Frau erteilt und ihm auch schon 5000 Mark vom vereinbarten Mordhonorar (20 000 Mark) gezahlt. Doch will Wolf, weil es nicht zur Ausführung kam, davon ausgegangen sein, die Sache sei erledigt.

Hingegen verweist die Staatsanwaltschaft darauf, dass es auch danach Kontakte zwischen dem Killer und Wolf gegeben habe. Anwalt Milke bestreitet das nicht, betont aber, dass sich der Killer immer wieder bei Wolf gemeldet und auch das Treffen im Bahnhof Zoo angeregt habe, bei dem es zur Verhaftung von Wolf gekommen war. Polizeikreise verweisen darauf, dass Wolf weder den Kontakt zum gedungenen Killer abgebrochen noch den Mordauftrag zurückgenommen habe. Er sei vielmehr zum Bahnhof Zoo gefahren, obwohl der vermeintliche Killer vorher angekündigt habe, dass er den Mord ausführen und sein restliches Honorar kassieren wolle. Das beweise, dass er den Mordauftrag nicht als erledigt angesehen habe. Ungeklärt ist, ob Wolf bereits seine frühere Geliebte, die Russin Oksana Kusnezowa, angestachelt hat, seine Frau zu ermorden: Die junge Russin hatte Ursula Wolf im Wald beim Joggen aufgelauert und mit einer Waffe bedroht.

Obwohl Frau Wolf den Anschlag angezeigt hat, bei dem vermutlich eine der Sportwaffen von Jochen Wolf benutzt wurde, ist dieser damals offenbar nicht vernommen worden. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft wurde das Verfahren eingestellt, nachdem sich die Russin einen Tag später in der Wohnung von Wolf erschossen hatte.

Michael Mara

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