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Brandenburg: „Der Graf wollte keine Stimmen von den Kommunisten“

Alfredo Förster, PDS-Fraktionschef in der Stadt Brandenburg, über die Ablehnung der Ehrenbürgerschaft für Otto Graf Lambsdorff

Im Stadtparlament von Brandenburg an der Havel ist eine Ehrenbürgerschaft für Otto Graf Lambsdorff am Widerstand der PDS und Teilen der SPD gescheitert. Was hat die PDS gegen Otto Graf Lambsdorff, Herr Förster?

Nichts, so wie wir persönlich auch nichts gegen andere führende Politiker der Bundesrepublik haben. Wir sind aber dagegen, dass er Ehrenbürger Brandenburgs wird.

Warum?

Das mögen andere anders sehen: Aber ein Ehrenbürger sollte eine tadellose Vita haben. Lambsdorff war in den Parteispendenskandal verwickelt. Nach den Reaktionen, die ich kenne, befürwortet eine Mehrheit der Brandenburger diese Ehrung nicht.

Aber Graf Lambsdorff hat sich Verdienste um die Sanierung des Brandenburger Doms erworben. Zählt das nicht?

Seine Verdienste für den Dom hat die PDS nie bestritten. Diese kann man auch anders würdigen. Aber den Dom haben viele – allen voran der Steuerzahler – gerettet. Darauf kam es uns an. Wir wollten keinen Beitrag leisten, dass über eine Ehrenbürgerwürde an einer Legende gestrickt wird, ein Graf mit FDP-Parteibuch sei der alleinige Retter des Doms.

Die PDS hat argumentiert, der Dom sei gerettet worden, weil zu SED-Zeiten die Statik gesichert wurde. Das ist doch auch Legendenbildung, wenn man an die Ruinen in der Stadt 1989, an den Zustand des Doms von damals denkt, oder?

Das war etwas überspitzt. Wir wollten darauf hinweisen, dass es auch zu DDR-Zeiten, vom Staat, von der Kirche, von vielen, große Bemühungen um die Rettung des Baudenkmals gab. Das ist unter Experten unbestritten.

Oberbürgermeisterin Dietlind Tiemann (CDU) nennt die Ablehnung der Ehrenbürgerschaft beschämend.

Beschämend provinziell ist es, wie parteipolitisch durchsichtig man diese Ehrenbürgerschaft angepackt hat. Mit uns, übrigens auch nicht mit der SPD, hat nie jemand darüber gesprochen. Im Gegenteil, uns ist über lokale FDP-Politiker aus dem Büro von Lambsdorff mitgeteilt worden: Der Graf will die Stimmen der Kommunisten nicht. Dann soll man sich hinterher nicht aufregen, wenn es nicht für die nötige Zwei-Drittel-Mehrheit reicht.

Das klingt, als ob die PDS bei einem anderen Herangehen zugestimmt hätte?

Sagen wir es so: Wäre der Antrag nicht von der kleinen FDP-Fraktion gekommen, sondern auf Initiative des Dom-Fördervereins, und wäre die Begründung nicht so parteipolitisch platt gewesen, hätte die PDS sich damit nicht so schwer getan.

Die PDS fühlt sich also übergangen?

Es gab unter den Fraktionen vorher nicht eine einzige Vor-Abstimmung über diese Ehrenbürgerschaft. Dabei war bekannt, dass es ablehnende Stimmen nicht nur von der PDS, aus der SPD, sondern auch von den Gartenfreunden gab. Wenn dann am Ende die Mehrheiten nicht da sind, muss man sich nicht wundern. Das hat die Oberbürgermeisterin versäumt.

Sie sind nicht froh, die Ehrenbürgerschaft für Herrn Lambsdorff verhindert zu haben?

Glücklich darüber bin ich nicht. Aber ich bin zufrieden, dass eine handwerklich schlechte, und von der Oberbürgermeisterin politisch nicht klug vorbereitete Vorlage nicht die nötige Mehrheit fand.

Das Interview führten Michael Mara und Thorsten Metzner.

Alfredo Förster , 46,

geboren in Neustadt (Dosse) und heute Pharmavertreter, ist PDS-Fraktionschef in der Stadt Brandenburg (Havel).

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