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Brandenburg: Der Kanzler sollte nur singen

In Finsterwalde freute man sich auf den Besuch Schröders – und verschärfte die Sicherheitskontrollen

Finsterwalde - In der Kleinstadt Finsterwalde hören die Parteien noch auf den Bürgermeister. Der FDP-Politiker Johannes Wohmann hatte vorgeschlagen, den Besuch des Bundeskanzlers als „unpolitischen Akt“ zu betrachten. Man wolle mit Gerhard Schröder feiern und keine Wahlparty veranstalten. Deshalb wurden gestern auf Anregung des Bürgermeisters alle Wahlplakate vom Markplatz und dessen Umgebung entfernt. Sie lagern nun fein säuberlich getrennt im Rathaus.

„Wir wollen wenigstens an diesem Wochenende nach Herzenslust feiern, sonst nichts", bestätigte denn auch Frank Stellmach, Sprecher des alljährlich Ende August stattfindenden Sängerfestes. Er sei sich sicher, dass auch der Kanzler zumindest den Refrain des Liedes „Wir sind die Sänger von Finsterwalde – wir leben und sterben für den Gesang" kenne und mitsinge. „Die Finsterwalder sind stolz darauf, dass der Kanzler ausgerechnet bei ihnen vorbeischaut", sagte Stellmach. Die meisten Einwohner hofften, dass das Fest nicht durch Eierwerfer wie in Wittenberge gestört werde.

Über die genauen Umstände des Kanzlerbesuchs herrschte gestern noch Ratlosigkeit. „Wir haben erst vor 14 Tagen gehört, dass Herr Schröder kommt", meinte Stellmach, der hauptamtlich im Rathaus arbeitet. Auch der Bürgermeister hielt sich mit klaren Aussagen zurück. „Die Teilnahme des Bundeskanzlers am Finsterwalder Sängerfest geht unserer Kenntnis nach auf eine langfristige Absprache zwischen Ministerpräsident und Kanzler zurück", schrieb Wohmann auf der Internetseite seiner Stadt. „Einer formellen Einladung durch die Stadt oder den Sängerfestverein bedurfte es nicht." Jeder, der guten Willens zum Sängerfest komme, sei auch herzlich willkommen.

Der Bürgermeister war sich sicher, dass es keine Störungen bei der Eröffnungsfeier geben wird. „Warum sollte sie von uns Finsterwaldern ausgehen?" fragte er. Wer derartiges vorhabe, sollte sich darüber im Klaren sein, dass er sich selbst ins Abseits stelle.

Vorsorglich hatte Ministerpräsident Matthias Platzeck einen Wahlkampfauftritt am ersten September-Wochenende in Finsterwalde angekündigt. Dort könnten dann alle Fragen geklärt werden, hieß es. Dennoch verschärfte die Polizei nach den Vorfällen in Wittenberge ihr Sicherheitskonzept. Absperrzäune schützten die Bühne. Die Gitter standen vier Meter entfernt. Danach schloss sich ein 30 Meter breiter Sicherheitsbereich ein, der von Besuchern nur nach eingehenden Personenkontrollen betreten werden durfte. Niemand sollte Eier oder andere Wurfgeschosse einschmuggeln können.

Für den Empfang des Sängerfestvereins für den Kanzler war die Presse nicht zugelassen. Wir wollen nicht, dass Schröder zu politischen Aussagen aufgefordert wird", erklärte der Pressesprecher des angeblich so unpolitischen Festes.

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