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Brandenburg: Der „reiche“ Süden läuft Sturm

Streit um EU-Gelder: Regierungschef Platzeck soll Teilung des Landes in zwei Förderregionen rückgängig machen

Von Michael Mara

und Thorsten Metzner

Potsdam. Regierungschef Matthias Platzeck (SPD) steht bei seinem heutigen Antrittsbesuch in Brüssel unter Druck: Politiker von CDU und SPD, aber auch die nicht im Landtag vertretenen Grünen, die FDP sowie Wirtschaftskammern drängen darauf, dass Platzeck bei seinen offiziellen Gesprächen die Teilung des Landes in zwei Förderregionen rückgängig macht. Der Hintergrund ist, dass das Kabinett die Höchstförderung des Landes durch den EU-Beitritt noch ärmerer östlicher Nachbarländer „akut gefährdet" sieht. Denn das entscheidende Kriterium für den begehrten „Ziel-1-Status" ist ein Bruttoinlandsprodukt pro Kopf der Bevölkerung von weniger als 75 Prozent des EU-Durchschnitts. Um wenigstens für Teile des Landes die Höchstförderung über 2006 hinaus zu sichern, hatte das Kabinett im Juli die Teilung des Landes in eine „arme" Nordost- und eine „reiche" Südwestregion beschlossen.

Dagegen läuft vor allem der strukturschwache Süden Sturm, der nach Berechnungen des Finanzministeriums in der nächsten Förderperiode durch die Zweiteilung vermutlich kein Ziel-1-Gebiet mehr wäre. Die Kritik erhitzt sich vor allem an der „die tatsächliche Wirtschaftskraft der Regionen nicht widerspiegelnde Teilung des Landes in eine Nord- und eine Südregion". Die Landesregierung hatte zwar eingeräumt, dass eine Gliederung in den prosperierenden Speckgürtel und die verarmenden Randregionen sinnvoller wäre. Doch habe die EU dies abgelehnt, weil eine solche Aufteilung der Kreisgliederung widersprechen würde und deshalb keine regionale Statistik zur Verfügung stünde. Dem widersprachen jetzt die CDU-Abgeordneten Ingo Senftleben und Dieter Dombrowski, die auf eigene Faust entgegen der Koalitionslinie in Brüssel nachgeforscht hatten. Ihr Vorwurf: Brüssel sei durchaus zu anderen Lösungen bereit, die Landesregierung habe schlampig gearbeitet. „Die Auskünfte, die wir in Brüssel bekommen haben, widersprechen den Angaben der Landesregierung", sagt Senftleben. Massive Kritik gibt es auch, weil die Landräte im Süden von dem Kabinettsbeschluss völlig überrascht wurden. Nach Tagesspiegel-Recherchen waren nicht einmal die Europa-Abgeordneten von SPD und CDU vorher informiert oder beteiligt worden.

Dennoch hat sich das Kabinett, offenbar um einen Gesichtsverlust zu vermeiden, am Dienstag erneut hinter den Beschluss gestellt: Neue Erkenntnisse, die eine Korrektur rechtfertigen würden, lägen nicht vor, hieß es. Innenminister Jörg Schönbohm warf den kritischen CDU-Abgeordneten vor, übers Ziel hinausgeschossen zu sein: „Die Glaubwürdigkeit des Landes bei der EU wird dadurch nicht erhöht." Gleichwohl wurden gestern neue Forderungen laut, den Beschluss zu korrigieren: „Wenn es bessere Möglichkeiten der Aufteilung gibt, bin ich dafür", sagte die Cottbuser SPD-Abgeordnete Heidemarie Konzack. Die IHK Cottbus betonte ebenfalls: „Wenn es in Brüssel Spielraum gibt, sollte die Landesregierung ihn nutzen." Laut Wirtschaftsminister Wolfgang Fürniß (CDU) könne man, so sein Sprecher Reitemeier, „nur über eine Korrrektur nachdenken, wenn sich in Brüssel etwas tut."

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