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Brandenburg: Die Heide bleibt

Heinz-Sielmann-Stiftung will früheres Truppengelände bei Dallgow-Döberitz kaufen – und dort Wisente äsen lassen

Dallgow-Döberitz. Wo einst Panzer durch den sandigen Boden der Döberitzer Heide walzten, sollen bald Wisente, Przewalski-Pferde und Rotwild weiden – und so diese in Deutschland selten gewordene Heidelandschaft erhalten. 300 Jahre lang wurde das Areal vor der westlichen Stadtgrenze Berlins militärisch genutzt, nun will die vom Tierfilmer Heinz Sielmann ins Leben gerufene Stiftung 3500 der knapp 5000 Hektar erwerben. Der Preis soll weniger als zwei Millionen Euro betragen. „Solche unzerschnittenen Lebensräume finden sich in Deutschland lediglich auf ehemaligen Truppenübungsplätzen und in Bergbaufolgelandschaften“, sagt Walter Stelte, Vorstand der Heinz-Sielmann-Stiftung.

In den letzten 100 Jahren wurde das Gebiet lediglich forst- und in geringem Maße landwirtschaftlich genutzt. Die kaiserliche Reichswehr hatte hier schon chemische Waffen getestet, zuletzt prägten bis zu ihrem Abzug bis Mitte der 90er Jahre die sowjetischen Streitkräfte die Heide. Das Militär hinterließ Spuren: Altlasten und Munition gefährden noch immer einzelne Flächen. „Die geräumten Bereiche sind ausgeschildert, die anderen mit Warnschildern versehen. Sie dürfen nicht betreten werden“, sagt Harald Holland-Nell, Bereichsleiter bei der Brandenburgischen Bodengesellschaft (BBG), die die Flächen für das Land Brandenburg vermarktet. Einziger Knackpunkt in dem „beinahe endverhandelten Vertrag“ mit der Sielmann-Stiftung sind die Haftungsfragen. In diesen Tagen trafen in München Stiftungsvertreter und Mitarbeiter der BBG zusammen, um über rechtliche Belange und Nutzung bei einem Verkauf zu reden. „Wir hoffen, dass ein tragfähiger Kompromiss ausgearbeitet wird. Das größte Risiko sind Altlasten. Primär muss geklärt werden, inwieweit Grundwasser verunreinigt sein kann“, sagt Stelte. Für die Beseitigung von Munition auf dem Gelände, das die Stiftung kaufen will, soll sie selbst verantwortlich sein. Bei der Beseitigung von chemischen Kampfstoffen stünde das Land weiter in der Pflicht – ein Risiko für die BBG, die angehalten ist, Flächen zumindest kostendeckend zu veräußern. Das scheint bei der Döberitzer Heide allerdings unmöglich, in den vergangenen elf Jahren nach Abzug des russischen Militärs hat die Gesellschaft fast sechs Millionen Euro zur Beräumung und Bewirtschaftung der Heide ausgegeben.

Die Verhandlungen, so hofft die Sielmann-Stiftung, sollen Mitte des Jahres abgeschlossen sein. Dann erwirbt sie mit der Heide einen richtigen Naturschatz: Im Gebiet gibt es mehr als 30 Moore unterschiedlicher Größe, Trockengebiete, Heidelandschaft und bewaldete Flächen. In den beiden ausgewiesenen Naturschutzgebieten wurden etwa 850 Arten an Farnen und Blütenpflanzen gefunden. Viele, wie Wiesen-Kuhschelle, Weißes Fingerkraut und Astlose Graslilie stehen auf der Roten Liste der gefährdeten Arten. Denn das Militär hat trotz aller gefährlichen Hinterlassenschaft auf seine Weise auch Naturschutz betrieben. Indem es beispielsweise durch Brandrodungen verhinderte, dass freie Flächen mit Wald zuwuchsen. Heue ist die Heide, so Stiftungsvorstand Stelte, „ein besonderer Biotop-Mix, den wir durch Großpflanzenfresser, die junge Baumtriebe abfressen, erhalten wollen“: Wisente und ursprüngliche Pferderassen.

Ähnliches versucht bereits der übergangsweise zum Verwalter bestellte Naturschutzförderverein im Kleinen. „Wir lassen Herden von etwa 640 Heidschnucken und 150 Galloway-Rindern hier weiden“, sagt Matthias Hörisch vom Förderverein. Anfangs kümmerten sich noch drei Schäfer um die Herden. Weil die Finanzen knapp wurden, sei es jetzt nur noch einer.

Die Heinz-Sielmann-Stiftung hat ein Konzept vorgelegt, nach dem Wisente und Wildpferde in einem 1500 bis 2000 Hektar großem eingezäunten Gatter gehalten werden und ringsherum Wanderwege für Besucher führen. Das eigentliche Kerngebiet soll für den Menschen allerdings nur durch geführte Exkursionen zugänglich bleiben – Schaugehege und Aussichtstürme werden genügend freie Einblicke in das Leben auf der Heide ermöglichen. Das bestehende Naturschutzzentrum soll in das Konzept mit einbezogen werden. Hier sollen neben einem Infozentrum kleinere Schaugehege und durch Führungen Besucher angelockt werden.

„Eventuell werden wir für einige Angebote Eintritt verlangen“, sagt Stelte. Vorrangig soll das Naturschutzvorhaben aber durch Sponsoren finanziert werden. „Aber dies ist der nächste Schritt. Jetzt müssen wir erst einmal einen tragfähigen Vertrag in allen Einzelheiten ausarbeiten.“

Dorothea Flechsig

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