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Brandenburg: Die Herausforderung

Von Michael Mara Potsdam. Hat CDU-Landeschef und Vize-Premier Jörg Schönbohm realistische Chancen, 2004 Ministerpräsident in Brandenburg zu werden?

Von Michael Mara

Potsdam. Hat CDU-Landeschef und Vize-Premier Jörg Schönbohm realistische Chancen, 2004 Ministerpräsident in Brandenburg zu werden? In einem Interview kündigte er jetzt an, dass er nach der nächsten Landtagswahl die Regierung führen, das heißt Ministerpräsident Manfred Stolpe ablösen wolle. Mit Blick auf Sachsen-Anhalt, wo nach dem Wahldesaster der SPD künftig CDU und FDP regieren werden, konstatierte Schönbohm: Weder sei Brandenburg gottgegebenerweise ein SPD-Land, noch müssten sich die Parteien des bürgerlichen Lagers gegenseitig Stimmen wegnehmen.

Tatsächlich haben nach der jüngsten „infratest“-Umfrage auch in Brandenburg sowohl die CDU wie die derzeit nicht im Landtag vertretene FDP hinzugewonnen. Dennoch könnten sie, würde am Sonntag gewählt, zusammen trotzdem nur mit 35 Prozent der Stimmen rechnen. Für einen politischen Erdrutsch reicht dies noch lange nicht: Denn SPD (35 Prozent) und PDS (24 Prozent) können mit zusammen fast 60 Prozent auf eine satte absolute Mehrheit verweisen. Dafür, dass sich an diesem seit Jahren stabilen Kräfteverhältnis im Land etwas ändern könnte, gibt es derzeit, darin sind sich die Parteienforscher einig, keine Anhaltspunkte. Damit Schönbohm 2004 Ministerpräsident werden könnte, müsste die CDU die SPD in der Wählergunst überholen. Der ehrgeizige Ex-General könnte dann entweder mit der SPD oder mit der FDP, falls diese tatsächlich in den Landtag käme, regieren.

Allerdings glaubt man weder in der SPD, noch in der CDU an eine solche Parteien-Rochade, schon weil der Nimbus von Manfred Stolpe ungebrochen ist, wie die jüngsten Meinungsumfragen zeigten. Der von den Medien kritisch beleuchtete Bruch des Koalitionsvertrages im Bundesrat hat dem Ansehen Stolpes nichts anhaben können. Er bekommt deutlich bessere Noten als Schönbohm. „Es ist Stolpes besonderes Charisma, die Personalisierung Brandenburgs in seiner Person, die geradezu an preußische Könige erinnert. Es ist dieses Landesherrschaftliche, das er ausstrahlt, und das er als Image benutzt“, begründet der Potsdamer Parteienforscher Jürgen Dittberner Stolpes unangefochtene Popularität. Es sei fast schon mystisch, welches Vertrauen er im Lande genieße.

Schönbohm hat daran in der ersten Halbzeit der Legislatur trotz seiner Umtriebigkeit nicht ändern können. Aber selbst wenn Stolpe zugunsten seines Kronprinzen Matthias Platzeck 2004 nicht mehr als Spitzenkandidat antreten sollte, hat Schönbohm die schlechteren Karten, wie „infratest-dimap“ detailliert ermittelte. Zwar ist Schönbohm im Land inzwischen bekannter als Platzeck: 84 Prozent kennen ihn, während es bei Platzeck erst 76 Prozent sind. Doch wird der durch das Oderhochwasser bundesweit bekannt gewordene SPD-Landeschef und Potsdamer Oberbürgermeister qualitativ bereits jetzt deutlich besser bewertet als Schönbohm. Während nur 29 Prozent der Befragten dem CDU-Chef sehr gute und gute Noten gaben, waren es bei Platzeck 65 Prozent. Bemerkenswert ist, dass gerade auch die Älteren den jüngeren Platzeck (48) besser als den älteren Schönbohm (65) benoten. Was nicht überrascht, aber jetzt erstmals von Meinungsforschern statistisch unterlegt ist: Platzeck kommt bei den Frauen besonders gut an: Während dem als Sunnyboy geltenden gebürtigen Potsdamer 60 Prozent der männlichen Befragten sehr gute oder gute Leistungen bescheinigen, sind das bei den weiblichen 71 Prozent. Schönbohm billigen hingegen nur 27 Prozent der Frauen gute oder sehr gute Leistungen zu.

Parteienforscher Dittberner glaubt zwar nicht daran, dass Platzeck ein Landesvater-Image wie Stolpe entwickeln könnte. Doch werden Platzecks Leistungen inzwischen von den Wählern offenbar fast ebenso gut wie die von Manfred Stolpe bewertet. Die detaillierten Umfrage-Werte zeigen überdies, dass Platzeck bei den Wählern deutlich besser als Schönbohm ankommt, obwohl dieser im Lande viel aktiver ist. Da die Personalisierung in der Politik in Brandenburg noch stärker als anderswo ausgeprägt ist, wird Schönbohms Wahlziel nicht nur in den Parteien, sondern auch von Parteienforschern „als eher unrealistisch“ bewertet.

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