zum Hauptinhalt

Brandenburg: Die Mark, ein Mustopf

Und wieder hat es nicht gereicht. Am Dienstag wird das Fiasko amtlich sein: In Brandenburg ist das Volksbegehren gegen neue Lausitzer Tagebaue gescheitert.

Und wieder hat es nicht gereicht. Am Dienstag wird das Fiasko amtlich sein: In Brandenburg ist das Volksbegehren gegen neue Lausitzer Tagebaue gescheitert. Obwohl eine Allianz aus Linkspartei-Opposition, Grünen, Naturschutzverbänden und von Abbaggerung bedrohten Dörfern für einen mittelfristigen Ausstieg aus der Braunkohle- förderung warb, wurden die 80 000 Unterschriften um Längen verfehlt.

Was für ein Unterschied zu Berlin, wo ein Volksbegehren nach dem anderen erfolgreich ist. Kommen, mit Verlaub, die Märker einfach nicht aus dem Mustopf? Oder ist Brandenburg mit seinen Hürden für Volksbegehren wirklich ein „direktdemokratisches Entwicklungsland“, wie es eine neue Studie anprangert?

Ehe Legenden gestrickt werden: Die Anti-Tagebau-Initiative hat es nicht geschafft, die Bevölkerung für den umstrittenen und in seinen Folgen nicht absehbaren Ausstieg aus der Braunkohle aufzurütteln. Das Fiasko allein auf die schweren Eintragungsbedingungen für Volksbegehren zu schieben, wäre nicht seriös. Und trotzdem besteht für die Große Koalition kein Anlass zu Jubel.

Es muss doch zu denken geben, dass ausgerechnet in Brandenburg – 1990 angetreten als Musterland direkter Demokratie – in zwanzig Jahren seit der Neugründung des Landes noch nie ein Volksbegehren erfolgreich war. Ausgerechnet das seit dem Fall der Mauer sozialdemokratisch regierte Land hat es versäumt, seine Volksgesetzgebung zeitgemäß anzupassen. Anders als Sachsen, anders als Thüringen, anders als Berlin.

Mag ja sein, dass nirgendwo sonst in Deutschland so wenige Unterschriften gesammelt werden müssen, um über Volksbegehren einen Volksentscheid zu erzwingen: In Berlin dürfen dafür Unterschriften vor jedem Supermarkt oder jedem S-Bahnhof gesammelt werden, ausgerechnet im Flächenland Brandenburg aber – mit immer weiteren Wegen und einem ausgedünnten Nahverkehr – muss sich der Bürger ins Kilometer entfernte nächste Einwohnermeldeamt aufmachen. Das ist erst recht in Zeiten des demografischen Wandels ein Anachronismus. Das ist der alte Obrigkeitsstaat, der so gar nicht zu den regelmäßigen Predigten von Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) für ehrenamtliches Engagement, für die Mühen der Ebene in der Demokratie passt, die bald im Landtagswahlkampf von ihm wieder zu hören sein werden.

Nach dem Scheitern des Kohle-Volksbegehrens ist es höchste Zeit, die Hürden für Volksbegehren auch in Brandenburg zu senken, so dass auch hierzulande Unterschriften frei gesammelt werden dürfen. Und zwar sofort. Das wäre im 20. Jahr der friedlichen Revolution ein Zeichen von Volksnähe, von Stärke und Souveränität – eben von Demokratie.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false