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Brandenburg: Die Potsdamer sagen Ja zum Stadtschloss

Deutliches Votum für neuen Landtag auf der Fläche des früheren Barock-Baus Stadtverordnete sollen Ende Januar erneut abstimmen. PDS überdenkt ihr Nein

Potsdam - Für den Aufbau des Potsdamer Stadtschlosses als Sitz des Brandenburger Landtages gibt es eine neue Chance: Bei der Bürgerbefragung in der Landeshauptstadt über den Parlamentsstandort, deren Ergebnis am Donnerstag im Rathaus verkündet wurde, lag der Alte Markt mit 42,8 Prozent deutlich vor allen anderen Standorten. Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) kündigte daraufhin für den 31. Januar eine dritte Abstimmung der Stadtverordneten über den Bebauungsplan für das vom Land finanzierte 100-Millionen–Projekt an, das 2006 im Stadtparlament in zwei Anläufen keine Mehrheit gefunden hatte: „Über dieses Votum der Potsdamer darf nicht leichtfertig hinweggegangen werden“, sagte Jakobs. Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) sagte dem Tagesspiegel: „Das Ergebnis für das Stadtschloss ist überzeugend“. Es werde der Wunsch der Potsdamer „deutlich, die Stadtmitte zu entwickeln“.

Mit einem so eindeutigen Ergebnis hatten selbst Schloss-Befürworter nicht gerechnet: An der – nicht verbindlichen – Befragung hatten über 56 000 Potsdamer teilgenommen, was einer Wahlbeteiligung von 46,1 Prozent entspricht – mehr als bei der Kommunalwahl 2003 (45,7 Prozent). „Die Frage brennt den Potsdamern unter den Nägeln“, sagte Jakobs. Nach dem Schlossgrundstück Alter Markt (42,8 Prozent) als Spitzenreiter folgte auf Platz zwei mit 28,5 Prozent die Speicherstadt, ein verfallenes altes Industrieareal am südlichen Eingang Potsdams an der Straße zum südlichen Berliner Ring. Der bisher von der PDS im Rathaus und im Landtag favorisierte Standort des früheren Palais Barberini landete mit 12,8 Prozent auf Platz drei. Der Leiter des Potsdamer Statistikamtes, Reiner Pokorny betonte, dass der Schlossstandort überall klar vorn lag – unabhängig von Alter, Geschlecht und Wohngebiet. Auch in den DDR-Plattenbausiedlungen, den PDS-Hochburgen, gibt es eine Mehrheit für das Schloss-Areal.

Um so mehr richten sich jetzt die Blicke auf die PDS, die als stärkste Rathaus-Fraktion den Alten Markt als Landtagssitz bislang strikt abgelehnt hatte – ein Grund für die beiden gescheiterten Abstimmungen in der Stadtverordnetenversammlung. Der Kreischef der Potsdamer PDS Pete Heuer signalisierte, dass die PDS das Ergebnis der Bürgerbefragung nicht ignorieren werde, zumal sie diese selbst durchgesetzt hatte. „Ein bloßes Nein zum Schloss hat nicht gereicht“, sagte Heuer. Es sei auch deutlich geworden, dass das Palais Barberini bei den Potsdamern „nicht mehrheitsfähig“ sei. PDS-Stadtfraktionschef Hans-Jürgen Scharfenberg – härtester Schloss-Gegner – schlug versöhnliche Töne an: Die bisherige Ablehnung durch die PDS sei nun „schon in Frage gestellt“.

Politiker der Stadt und des Landes reagierten erleichtert, dass der Neubau des Landtages, der auf dem Grundriss und in den Proportionen des früheren Stadtschlosses bis 2011 auf dem Alten Markt entstehen soll, doch noch eine Chance bekommen kann. Finanzminister Rainer Speer (SPD) appellierte an das Stadtparlament, mit dem Bürgervotum „konstruktiv und verantwortungsbewusst umzugehen“. Es erscheine weiterhin möglich, den Landtagsneubau zu realisieren. Der Potsdamer CDU-Kreischef und Landtagsabgeordnete Wieland Niekisch, der dem Baubeirat des Landtages für das Projekt angehört, sagte: „Die Potsdamer haben den Ruf der Stadt wiederhergestellt.“

Stadt- und Landesregierung versprechen sich vom Landtagsbau auf dem Alten Markt einen doppelten Effekt: Neben einem Domizil für die Abgeordneten, die bisher in dem maroden Komplex der einstigen SED-Bezirksleitung auf dem Brauhausberg tagen, könnte die seit Jahrzehnten brachliegende Mitte Potsdams bebaut werden. Über beide Projekte wird in Potsdam seit 16 Jahren gestritten.

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