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Brandenburg: Die Seiten gewechselt

Im Prozess gegen den mutmaßlichen Bandenchef Al-Z. wegen Rauschgifthandels sagte der Kronzeuge aus

Der Kronzeuge spricht viel, zur Anklage aber sagt er nichts. Ahmed A.-K. gestikuliert lebhaft, er klagt, er schimpft – und klingt dabei fast wie ein geprellter Liebhaber. „Sechseinhalb Jahre habe ich gelitten im Knast und keiner meiner Freunde hat je an mich gedacht“, ruft der 37-Jährige durch den Gerichtssaal. „Nix, nix!“

Der „Präsident“ Mahmoud Al-Z. scheint unbeeindruckt. Er sitzt schweigend auf der mit Panzerglas geschützten Anklagebank. Ahmed A.-K. galt einst als seine rechte Hand, aber nun scheint dieser an seinem Untergang mitzuarbeiten. In dem Prozess geht es um internationalen Rauschgifthandel, um organisierte Kriminalität. Neben Al-Z., der zu Berlins bekanntesten Kriminellen zählt, sind neun weitere Männer und zwei Frauen im Alter zwischen 25 und 37 Jahren angeklagt. Sie sollen als Bande mit Haschisch, Kokain und Heroin gehandelt haben. So hat es Ahmed A.-K. den Ermittlern erzählt.

Er selbst ist ebenfalls angeklagt. Ahmed A.-K. gilt in den Augen der Staatsanwaltschaft als ein Drahtzieher der Drogengeschäfte. Der Araber soll den Schmuggel aus den Niederlanden organisiert haben. Hauptbeschuldigter in Saal 700 ist aber der „Präsident“, den die Ermittler als Kopf der Bande bezeichnen.

1998 hatte der 37-jährige Kronzeuge schon einmal mit dem „Präsidenten“ vor Gericht gestanden. Damals bekam A.-K. acht Jahre, Al-Z. zweieinhalb. Von seinen Freunden, die er damals durch sein Schweigen „gerettet“ habe, sei er dann aber im Stich gelassen worden, sagt der Kronzeuge. Er habe beispielsweise ein Telefonat mithören können, bei dem ihn der „Präsident“ als „Schwulen“ und „dreckigen Menschen“ beschimpft habe. Außerdem sei er sich sicher, dass der „Präsident“ wiederholt mit der Polizei über ihn gesprochen habe.

Ahmed A.-K. hat sich viel von der Seele zu reden. Tief getroffen habe ihn auch die Erfahrung während seines ersten Hafturlaubs, als er einen seiner ehemaligen Komplizen um Geld für ein Geschenk für seinen Sohn gebeten habe. „Ich habe den Mann gerettet und bekam dafür nichts. Das war hart“, sagt der Kronzeuge. Unter seinem Hemd zeichnet sich eine kugelsichere Weste ab, neben ihm sitzen vier Bodyguards. „Jetzt gab es nichts mehr, was mich zurückhielt, eine Aussage zu machen.“ Ahmed A.-K. hat nicht den besten Ruf. Doch er und seine Verteidiger bestreiten, dass er ausgepackt hat, weil ihm die Staatsanwaltschaft Versprechungen oder Zusagen gemacht habe. Sein Mandant fühle sich einfach verraten, sagte Strafverteidiger Rüdiger Portius auf dem Gerichtsflur. Mit den neuerlichen Drogengeschäften habe er vor allem Geld für seine in Dänemark lebende Familie beschaffen wollen. Und auch Ahmed A.-K. beteuert: „Ich habe von niemandem einen Vorteil bekommen.“ kf

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