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Diktatur-Opfer-Gesetzentwurf: "Sie haben die Juden einfach vergessen"

In einer Anhörung am Donnerstag ist der Gesetzentwurf der rot-schwarzen Koalition zur Einsetzung eines Beauftragten für Diktatur-Opfer auf Kritik gestoßen. Man habe die rassisch Verfolgten außen vorgelassen und die DDR und NS-Diktatur weitgehend gleichgesetzt, bemängeln die Kritiker.

Der Gesetzentwurf der rot-schwarzen Koalition zur Einsetzung eines Landesbeauftragten für Diktatur-Opfer in Brandenburg ist am Donnerstag bei einer Anhörung im Landtag auf Bedenken gestoßen. Wolfgang Wippermann von der Freien Universität Berlin nannte es "unfassbar", dass der Entwurf zwar die Opfer politischer Verfolgung von Diktaturen erwähne, nicht aber die aus rassischen Gründen Verfolgten. "Sie haben die Juden einfach vergessen", sagte er. Zudem halte er die "weitgehende Gleichsetzung" von DDR und NS-Diktatur "für falsch und nicht für berechtigt".

Der sächsische Landesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen, Michael Beleites, warnte davor, die Bedenken von NS-Opferverbänden gegen die Kombination beider Diktaturen beiseite zu wischen. "Eine Brüskierung wäre eine schlechte Voraussetzung für den Start eines Beauftragen", sagte er.

NS-Opfer fühlen sich in ihrer Würde verletzt

Als "mutigen Schritt" lobte hingegen der Vorsitzende der Union der Opferverbände kommunistischer Gewaltherrschaft, Rainer Wagner, das Vorhaben. Durch die Verbindung von NS- und DDR-Aufarbeitung sehe aber auch er "Probleme kommen". Es bestehe die Sorge, "dass die DDR-Opfer dadurch hinten runterfallen könnten".

Für die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes lehnte Hans Coppi das Vorhaben der SPD-CDU-Koalition ab. Die NS-Opfer fühlten sich "in ihre Würde verletzt", da DDR und faschistischer Staat in einen Topf geworfen würden, sagte er. Bedenken gebe es auch bei ausländischen Häftlingsverbänden wie dem Internationalen Sachsenhausen- und dem Ravensbrück-Komitee.

Der Leiter der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten, Günter Morsch, sagte, durch das Gesetzesvorhaben würden "alte Wunden wieder aufgerissen". Mit diesem Text würden sich die NS-Opfer als "Opfer zweiter Klasse" fühlen. Nach Plänen der Koalitionsfraktionen soll das Gesetz im Juli vom Parlament beschlossen werden. (jg/ddp)

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