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Brandenburg: Don Quijote in der Uckermark

Ein Berliner Wissenschaftler hat ein Schloss gepachtet und kämpft gegen Windräder – jetzt eskaliert der Streit

Wartin. Der Professor ist ein ruhiger Mann, einer, der seine Worte bedächtig wählt. Doch in letzter Zeit erlebt man Hans-Joachim Mengel oft verärgert, wenn er von „feindlicher Übernahme“ spricht und dass „man Kritiker mundtot macht“. Sein Zorn richtet sich gegen die Berliner Windkraftfirma „win : pro“. Die wolle ihn und seinen Verein „Europäische Akademie Schloss Wartin“ vertreiben. Weil er, so Mengel, „seit Jahren gegen Windkraftanlagen kämpft“.

Schauplatz dieser Kämpfe ist der kleine Ort Wartin, im Nordosten Brandenburgs. Dort schuf Hans-Joachim Mengel, Professor an der Freien Universität Berlin, zusammen mit dem neuseeländischen Wissenschaftler Charles Elworthy einen Ort der „wissenschaftlichen und kulturellen Begegnung“.

Kurz nach der Wende stießen die beiden auf das Barockschloss aus dem 17. Jahrhundert. Damals bröckelte der Putz von den Wänden. Die Gemeinde freute sich über das Interesse der Gelehrten. Mengel gründete den Verein „Europäische Akademie“ organisierte internationale Symposien und rief einen Kultursommer ins Leben. Zeitweilig übernahm Mengel in Wartin sogar das Amt des ehrenamtlichen Bürgermeisters. In dieser Funktion schlüpfte er in die Rolle des Don Quijote. Er gründete die Bürgerinitiative „Rettet die Uckermark“ und zog gegen den Bau von Windrädern zu Felde. Sein Stichwort von der „Verspargelung der Landschaft“ machte die Runde. Denn gerade in der nördlichen Uckermark stehen überall die hohen Windräder. Dank Subventionen und Abnahmegarantien hat sich hier ein florierender Markt für in- und ausländische Betreiberfirmen entwickelt.

Nur die Umgebung von Wartin erscheint auf der Landkarte der Windanlagen als weißer Fleck. Geht es nach dem Willen der Berliner Firma „win : pro“ soll sich das ändern. Sie will hier oben einen aus 25 Einzelanlagen bestehenden Windpark bauen. Die Meinungen in der Region sind geteilt. Die Firma lässt sich die Errichtung einiges kosten und winkte mit einem besonderen finanziellen Präsent. Dem Tagesspiegel liegt die Kopie von einem Entwurf des „Zuwendungsvertrages“ der Firma „win : pro“ vor. In dem Vertragsentwurf verpflichtet sich das Windkraftunternehmen, „dem Mühlenverein einen Einmalbetrag in Höhe von 10 000 Euro pro Megawatt installierter Leistung für die im Windeignungsgebiet Luckow durch win : pro zu errichtenden Windkraftanlagen zu zahlen.“ Dazu kommen „jährliche Zahlungen während des Betriebes der Windkraftanlagen…von 4000 Euro pro Megawatt installierter Leistung.“ Von den Vorgängen in Wartin hörte inzwischen auch die Staatsanwaltschaft in Neuruppin, die sich auf Korruptionsfälle spezialisiert hat.

Reinhard Mallon, der Geschäftsführer von „win : pro“ war für eine Nachfrage nicht zu erreichen. Doch gegenüber dem „Uckermark Kurier“ in Prenzlau verteidigte er die geplanten Zuwendungen als „reines Sponsoring für eine gute Sache.“ Der Verein kümmere sich um die historische Bockwindmühle. Das sei eine begrüßens- und förderungswürdige Initiative.

„Ohne die von mir initiierte Bürgerinitiative wäre die Windfirma wahrscheinlich schon an ihrem Ziel“, glaubt Hans-Joachim Mengel. Sein Verein besitzt mit der Gemeinde einen 99-jährigen Erbbaupachtvertrag. Aber jetzt hat der Verein 100 000 Euro geboten, um das Schloss zu kaufen. Doch das Windkraftunternehmen hält dagegen. „Wir bieten auf jeden Fall mehr, weil die 100 000 Euro für das sanierte Schloss einfach zu wenig sind“, sagt der „win : pro“- Mitarbeiter Eberhard Wulkow. „Wir wollen einen repräsentativen Sitz und halten Wartin für geeignet“, erklärt Wulkow.

Die Gemeinde hätte durch den Verkauf des Schlosses einen viel größeren Nutzen als durch geringe Pachtzahlungen des Vereins. Doch Mengel glaubt, die Firma verfolge ganz andere Ziele. Uckermark-Landrat Klemens Schmitz reagierte auf die Eskalation in Wartin mit einem Brief an die Windkraftfirma. Sein Landstrich habe viele leer stehende Schlösser und Herrenhäuser zu bieten. Deshalb müsse sich das Unternehmen nicht auf das von der „Europäischen Akademie“ genutzte Anwesen konzentrieren. Deren Arbeit für Toleranz, Wissenschaft, Kultur und die deutsch-polnischen Beziehungen lobte Schmitz als „hervorragend“. Allerdings will er sich nicht in die Entscheidung der Gemeinde über den Verkauf des Schlosses einmischen. Die wird voraussichtlich am heutigen Montag über den Verkauf von Schloss Wartin befinden.

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