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Brandenburg: Ein teurer Mann in Fernost

Wirtschaftsminister Junghanns hat dem Chef des Brandenburger Auslandsbüros in Singapur gekündigt Das könnte das Land jetzt 2,3 Millionen Euro kosten – es geht um einen Zehn-Jahres-Vertrag

Potsdam - Die Regierung von Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) wird erneut von einer Altlast aus der Stolpe-Ära eingeholt. Nach Informationen des Tagesspiegels läuft das Land Gefahr, an den früheren Chef der Brandenburger Auslandsplattform in Singapur und Geschäftsführer der Landes-Wirtschaftsförderungsgesellschaft, Leonardo G. Noto, mehr als zwei Millionen Euro zahlen zu müssen. Noto, dessen Vertrag gekündigt wurde, hat das Land verklagt. Der Fall liegt derzeit beim Potsdamer Landgericht. Mit einem Urteil ist „zum Jahresende oder Anfang 2007“ zu rechnen, sagte der zuständige Richter, Wolfgang Christ, von der 1. Zivilkammer.

Wirtschaftsminister Ulrich Junghanns (CDU) hatte zum 31.12.2005 den Vertrag mit dem als nicht sonderlich erfolgreich geltenden Brandenburger Repräsentanten in Singapur gekündigt, den der frühere Wirtschaftsminister, Wolfgang Fürniß (CDU), am 2. März 2001 ohne vorherige öffentliche Ausschreibung mit Noto abgeschlossen hatte. Zu „fürstlichen Konditionen“, wie es jetzt in Regierungskreisen heißt, „ein Versorgungsfall“. Fest steht, dass der Vertrag auch im Vergleich zu den damaligen anderen Auslandsbüros des Landes in Moskau, Dubai und Detroit der großzügigste ist. Nicht nur wegen der ungewöhnlich langen Laufzeit von zehn Jahren – die Verträge der anderen Plattformen wurden zunächst auf zwei Jahre befristet. Noto erhielt laut Vertrag auch ein pauschales Quartalshonorar von 115 040,67 Euro (225 000 DM). Das sind 460 000 Euro pro Jahr, rund 38 000 Euro im Monat, was selbst nach Abzug von Aufwendungen – wie für die Büromiete in Singapur – noch über dem Ministerpräsidentensalär (11 000 Euro brutto) liegen dürfte. Zum Vergleich: Das Quartalshonorar des Moskauer Außenwirtschaftsbüros war dem Vernehmen nach mit 54 000 Euro nicht einmal halb so hoch.

Noto pocht auf den regulär noch bis zum 31. Mai 2011 laufenden Zehn-Jahres-Vertrag, der das Land noch mehr als 2,3 Millionen Euro kosten würde. Im laufenden Rechtsstreit argumentiert der frühere Chef-Wirtschaftsförderer der Stolpe-Ära unter anderem damit, dass er den Job in Singapur nur übernommen habe, weil ihm Wirtschaftsminister Wolfgang Fürniß (CDU) zugesagt habe, dass der Zeitraum bis zu seinem Ruhestand – 2011 wird Noto 64 – abgedeckt werde.

Das Gericht will Fürniß als Zeugen vernehmen. Eine entsprechende Aussage-Genehmigung für den Ex-Minister, gegen den die Staatsanwaltschaft im Übrigen wegen Korruptionsverdachts im Zusammenhang mit der gescheiterten Chipfabrik in Frankfurt (Oder) ermittelt, erteilte das Kabinett auf seiner jüngsten Sitzung. Allerdings ließ sich die Landesregierung dafür auffallend viel Zeit. Er habe bereits am 20. März 2006 Ministerpräsident Matthias Platzeck persönlich mit der Bitte um Aussage-Genehmigung für den früheren Wirtschaftsminister angeschrieben, sagt Richter Christ. Da es einige Monate keinerlei Reaktion gab, habe er Anfang Juni daran „erinnert“.

Die Aussage von Fürniß – in der Regierung fürchtet man böse Überraschungen – kann durchaus relevant für das Verfahren sein. „Sonst hätten wir den Beweisbeschluss nicht erhoben. Es gelten nicht nur schriftliche Vereinbarungen. Auch mündliche Erklärungen können Vertrauensschutz-Tatbestände ausmachen“, so Wolfgang Christ.

Die Erfolgsaussichten Notos dürften gar nicht schlecht sein – die Klausel über eine vorzeitige Auflösung seines Vertrages ist äußerst eng gefasst: Zum einen wäre danach eine Kündigung vor 2011 nur aus Haushaltsgründen, die auch noch detailliert nachgewiesen werden müssen, zulässig. Ausdrücklich „ausgeschlossen“ ist sie laut Vertrag, wenn das Land weiterhin „ein anderes Büro in der Region“ betreibt. Das wäre der Fall: Brandenburgs Plattform in Singapur ist inzwischen ausgeschrieben worden und soll mit reduzierten Aufgaben und geringeren Kosten weitermachen. Noto sicherte sich sogar noch weiter ab: Das Land hat sich mit der Unterschrift von Fürniß verpflichtet, ihn im Falle einer Kündigung vor 2011 bei der Suche nach einer Anschlussbeschäftigung zu unterstützen.

Dass sich das kleine Brandenburg überhaupt in Singapur eine eigene, teure Außenhandelsplattform leistet, ist in der märkischen Politik seit längerem umstritten. Notos Bilanz sei mager, heißt es in Regierungs- und Wirtschaftsförderkreisen. Zwar habe er vielen märkischen Firmen geholfen, die in Südostasien Geschäfte machen, aber er habe keinen Investor nach Brandenburg geholt.

Noto hingegen sieht sich, wie er sagt, mitten im erfolgreichen Wirken jäh ausgebremst. Er hält seine Vertragskonditionen für angemessen. „Bei einer anderen Beratung hätte Brandenburg nicht so viel bekommen.“ Wegen der Kündigung wirft Noto der Landesregierung eine „Politik der verbrannten Erde“ vor. Allerdings rechnet er wohl selbst nicht mehr damit, dass er den Job in Singapur weitermacht. Er habe persönliche Unterlagen von über 2000 Unternehmen, die er in den letzten Jahren betreut habe, wegen der Kündigung „vernichten müssen.“

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