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Brandenburg: Eine Panzerfaust für den Nazi-Terroristen

Zwei Brandenburger stehen wegen Sprengstoff-Besitzes vor Gericht

Von Frank Jansen

Neuruppin. Der Schrecken war gewaltig. Im Spätsommer kam die Polizei eher zufällig einer Gruppe Neonazis auf die Spur, die einen Bombenanschlag auf die Baustelle des jüdischen Gemeindezentrums in München plante – und dabei womöglich bei der Grundsteinlegung Bundespräsident Johannes Rau, den bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber und andere Ehrengäste töten wollte. Am 9. November, dem Jahrestag der Pogromnacht von 1938.

Schlagartig wurde die Gefahr rechtsextremen Terrors sichtbar, Bayerns Innenminister Günther Beckstein sprach sogar von einer „Braunen Armee Fraktion“. An eine bundesweite agierende, straff organisierte Terrorgruppe glaubt zwar kaum ein Sicherheitsexperte, doch entdeckten die Fahnder Verbindungen der potenziellen Attentäter über Bayern hinaus – bis hin nach Mecklenburg- Vorpommern, Berlin und Brandenburg. Zwei Brandenburger, die als Sprengstofflieferanten der Terrorgruppe um Martin Wiese geholfen haben sollen, müssen sich nun vor dem Landgericht Neuruppin verantworten. Am heutigen Mittwoch beginnt der Prozess.

Angeklagt sind Marcel K. (25) und Steven Z. (24), beide stammen aus der Umgebung der uckermärkischen Kleinstadt Brüssow. Steven Z. ist verkrüppelt, er verlor 1998 bei Bastelei mit Sprengstoff eine Hand und einen Unterarm. Generalbundesanwalt Kay Nehm hat das Verfahren gegen die beiden Männer vom Münchner Hauptkomplex abgetrennt und an die Staatsanwaltschaft Neuruppin übergeben, da Marcel K. und Steven Z. eine Kenntnis der Anschlagspläne der Münchner Gruppe nicht nachzuweisen und damit der Terrorismusvorwurf hinfällig war. So lautet die Anklage gegen K. und Z. „nur“ noch auf Verstoß gegen das Sprengstoffgesetz.

Die Neuruppiner Anklagebehörde hält K. und Z. vor, sie hätten Anfang Mai 2003 nahe Ramin (Vorpommern) eine alte Panzerfaust geborgen, um an den in der Granate steckenden Sprengstoff heranzukommen. Es soll sich um eine Mischung aus TNT und Hexogen gehandelt haben, insgesamt ein Kilo. Die Granate sei zu dem in Brüssow wartenden Neonazi-Anführer Wiese gebracht worden, heißt es in Sicherheitskreisen. Wiese und ein Kumpan hätten das Geschoss aufgesägt und den Sprengstoff herausgeholt – der vermutlich für den geplanten Anschlag auf das jüdische Gemeindezentrum vorgesehen war.

Marcel K. und Steven Z. sollen an diesem Maitag auch nach Polen gefahren sein, um nahe Stettin Übungsmunition aus verrottenden Restbeständen der Armeen des früheren Warschauer Pakts aufzuklauben. Zwei Panzergranaten, allerdings nicht explosionstauglich, hätten die Männer auch nach Brüssow transportiert, sagen Sicherheitsexperten.

Die Staatsanwaltschaft wirft Marcel K. außerdem vor, er habe vier Pistolen, Munition und Sprengstoff besessen. Die Waffen seien „Wehrmachtsschrott“, ist in Sicherheitskreisen zu hören. Den Sprengstoff habe K. ebenfalls in der Landschaft gefunden. Die Munition soll er sich in Stettin beschafft haben.

Für den Prozess gegen K. und Z. ist nur ein Verhandlungstag vorgesehen. Die Angeklagten sind nach Informationen des Tagesspiegel teilweise geständig. Wann der Prozess gegen die Wiese-Gruppe beginnt, ist offen. Der Generalbundesanwalt wird vermutlich im Frühjahr Anklage erheben. Derzeit sitzen fünf Tatverdächtige in Haft, ermittelt wird gegen insgesamt 14 Rechtsextremisten.

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