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Brandenburg: Eine Römerschale für die wilden Germanen

Überall in Berlin und Brandenburg graben Bodendenkmalpfleger nach Resten menschlicher Ansiedlung und werden in reichem Maße fündig - in Altstädten, beim Straßenbau, im Braunkohletagebau, manchmal auch auf einem Acker oder beim Hausbau. Die wichtigsten Ergebnisse beim Freilegen solcher "Bodenurkunden" verzeichnet das neue Jahrbuch "Archäologie in Berlin und Brandenburg".

Überall in Berlin und Brandenburg graben Bodendenkmalpfleger nach Resten menschlicher Ansiedlung und werden in reichem Maße fündig - in Altstädten, beim Straßenbau, im Braunkohletagebau, manchmal auch auf einem Acker oder beim Hausbau. Die wichtigsten Ergebnisse beim Freilegen solcher "Bodenurkunden" verzeichnet das neue Jahrbuch "Archäologie in Berlin und Brandenburg". Das von der Archäologischen Gesellschaft in Berlin und Brandenburg sowie den Denkmalämtern beider Bundesländer herausgegebene Jahrbuch schlägt in rund 60 Beiträgen den Bogen von der älteren Steinzeit bis fast in die unmittelbare Gegenwart.

Berlin ist in dem Jahrbuch mit Beiträgen über Ausgrabungen im Stadtzentrum sowie auf der schon sehr früh besiedelten Schlossinsel Köpenick und auf dem Gelände der Spandauer Zitadelle vertreten. Jüngste Fundstücke in Brandenburg stammen vom früheren Konzentrationslager Sachsenhausen sowie einem Außenlager bei Rathenow. Da die Bewacher alles Schriftliche systematisch vernichtet hatten, die KZ-Bauten weitgehend abgetragen wurden und auch Erinnerungen von Häftlingen ungenau sind, helfen Archäologen, das Innenleben dieser Stätten des Grauens aufzuklären.

Die ältesten Funde der Saison wurden aus dem Schlamm des Bützsees bei Altfriesack (Landkreis Ostprignitz-Ruppin) geborgen. Die etwa 13 000 Jahre alten Harpunen und Knochenspitzen zählen zu den frühesten menschlichen Hinterlassenschaften der Region. Als archäologische Sensation gilt eine in Briesing (Landkreis Spree-Neiße) entdeckte bronzene Trinkschale, die aus dem Herrschaftsgebiet der Römer ins damalige "freie Germanien" gelangte. Wie sie hierher kam, ob durch Tauschhandel oder bei einem Kriegszug, ist unbekannt. In Prenzlau hat man Siedlungsspuren aus der Zeit vor der Stadtgründung sowie Reste einer spätmittelalterlichen Bebauung entdeckt, dazu verzierte Keramik und Ofenkacheln. Auch diese Funde helfen, die lückenhaften Chroniken durch aussagestarke Sachzeugen zu ergänzen.

Bei Ausgrabungen in der Umgebung des barocken Schlosses Oranienburg wurden Tonnengewölbe aus der Renaissancezeit und Reste einer Zugbrücke gefunden. Die Archäologen werten diese "Bodenurkunden" als wichtige Belege für die frühe Nutzung des damals noch Bötzow genannten Ortes als kurfürstliches Herrschaftszentrum. Gegraben wurde auch am Westflügel des Klosters Chorin, wo Reste eines Vorgängerbaues gefunden wurden. In der Pfarrkirche von Lebus (Landkreis Märkisch-Oderland) haben die Archäologen ein nach dem Zweiten Weltkrieg mit Trümmerschutt gefülltes Gewölbe freigelegt und dabei auch Reste von farbigen Glasfenstern gefunden. Nach steinernen Resten untersucht wurde der ehemalige Barockgarten des Kloster Neuzelle (Landkreis Oder-Spree). Sie stimmen mit dem überein, was Mitte des 18. Jahrhunderts in einem Lageplan vermerkt wurde. Die Angaben in diesem Dokument und die Befunde der Bodendenkmalpfleger sind wichtig für die Rekonstruktion der ehemals prächtigen Gartenanlage.

Helmut Caspar

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