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Brandenburg: Eine schwierige Annäherung 1997 verhinderten sie in Gollwitz den Zuzug von Juden.

Jetzt baut man ein deutsch-jüdisches Begegnungszentrum

Gollwitz. Das Dorf Gollwitz wurde bekannt, als es sich gegen den Zuzug von 50 jüdischen Aussiedlern aus Russland wehrte. Das war vor fünf Jahren und deshalb trafen sich dort jetzt Brandenburger Schüler und jüdische Altersgenossen aus Berlin mit Bundestagspräsident Wolfgang Thierse. Sie sollten über Antisemitismus sprechen, sich kennen lernen und Vorurteile abbauen. Das war die Idee der Organisatoren. Doch die Unterhaltung zeigte: Rechtfertigungsversuche, Vorwürfe und Missverständnisse machen es den Schülern schwer, sich anzunähern.

1997, nach der einstimmigen Entscheidung des Gollwitzer Gemeinderats, liefen die Kamerateams aus aller Welt durch die 450-Einwohner-Gemeinde. Gollwitz stand da als die hässliche Fratze des deutschen Antisemitismus. Das alte Schloss, in dem die Juden untergebracht werden sollen, hat seitdem leer gestanden, gammelte vor sich hin. Bis die Stiftung Schloss Gollwitz kam. Sie ist jetzt dabei, das Haus in eine Begegnungsstätte für jüdische und nicht-jüdische Jugendliche umzuwandeln. In zwei Jahren sollen hier junge Leute aus der ganzen Welt mit Deutschen zusammentreffen.

Die Stiftung hat auch das Treffen der Schüler aus dem von-Saldern-Gymnasium in Brandenburg/Havel und der Jüdischen Oberschule aus Berlin mit Wolfgang Thierse angeregt. Thierse zitierte Umfragen unter Schülern, wo elf Prozent der Aussage zugestimmt hatten, die Juden seien nicht schuldlos am Holocaust und warnte davor zu denken, dass die schlechten Ergebnisse von rechten Parteien bei Wahlen ein Grund für Entwarnung seien.

Nach ersten vorsichtigen Fragen an den Politiker entwickelte sich schnell ein Diskussion der Schüler untereinander. „Als Deutscher darf man Israel nicht kritisieren“, beklagte ein junger Brandenburger. Und bekam als Antwort: Sobald man einer Kritik an Israel widerspreche, heiße es: Ihr erlaubt keine Kritik. So drehten sich die jungen Leute im Kreis. Immer wieder stand der Holocaust im Zentrum. „Redet doch mal über die Gegenwart!“, forderte Thierse. Doch über die Frage, was denn die Brandenburger Schüler über das Judentum wüssten, kehrte das Gespräch schnell wieder zu Auschwitz zurück. Eine Schülerin war von ihrem Besuch dort so enttäuscht, dass sie vorschlug, das ehemalige KZ als Gedenkstätte zu schließen. „Unter den paar Baracken kann man sich doch heute nichts mehr vorstellen.“

Den Brandenburger Rektors Hanswalter Werner haben die Vorurteile seiner Schüler nicht überrascht: „Es sind dieselben, die in der Gesellschaft verbreitet sind.“ Eine Fortsetzung des Austauschs ist aber geplant. Die Brandenburger sind nun eingeladen, die jüdische Schule in Berlin zu besuchen.

Vorurteile, Angst vor dem Fremden, das brach auch vor fünf Jahren in Gollwitz hervor. Das neue Projekt soll eine Chance sein für den Ort, sein Image zu verbessern, hofft der Gemeinderat. Gollwitz unterstützt die Stiftung finanziell. Die Alteingesessenen freuen sich in erster Linie darüber, dass sich jemand um das verfallende Schloss kümmert, sagte gestern ein Dorfbewohner. Eine junge Frau lehnt dagegen die neue Nutzung ab: „Begegnungsstätte ist doch ein anderes Wort für Asylantenheim.“

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