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Brandenburg: Einwanderer mit langen Nadeln

Eberswalder Forstwissenschaftler erforschen Baumsorten, die dem Klimawandel trotzen. Eine nordamerikanische Kiefer könnte die Brandenburger Art ablösen

Eberswalde - Hübsch ist was anderes. Die zwei Palmen vor dem forstbotanischen Garten in Eberswalde sehen eher albern aus. Die Baumkronen der etwa vier Meter hohen Gehölze, wo eigentlich Kokosnüsse und Palmwedel hängen sollten, sind mit Luftpolsterfolie eingewickelt. „So haben sie aber schon den zweiten Winter draußen überstanden“, sagt Bernhard Götz, Leiter des forstbotanischen Gartens der Fachhochschule Eberswalde. Milde Winter – darauf stellen sich die Wissenschaftler in Eberswalde ein. Der Klimawandel vollzieht sich in den mitteleuropäischen Breitengraden möglicherweise schneller, als sich Gewächse an weniger Wasser, höhere Temperaturen oder stärkere Stürme gewöhnen. „In unseren Versuchen überspringen wir diesen Anpassungsprozess“, sagt Andreas Bolte vom benachbarten Johann Heinrich von Thünen-Institut (VTI), einer Bundeseinrichtung, die sich mit Waldökologie auseinandersetzt.

Forstwirtschaftlich könnte zum Beispiel die aus Nordamerika stammende Gelbkiefer eine wichtige Rolle spielen. Bernhard Götz präsentiert seine Setzlinge mit den auffallend langen gelben Nadeln, die er drinnen wie draußen testet. „Diese Pflanze kommt mit unserem Klima gut klar“, sagt Götz. Mehr noch: „Sie gibt sich mit weniger Wasser zufrieden und leistet dabei ein Drittel mehr Holzertrag als unsere heimische Kiefer.“ Ob japanische Lärche, Roteiche, Hickory-Nuss, Colorado-Tanne, Riesenlebensbaum, Nikko-Tanne aus Japan – die Eberswalder beobachten rund 100 verschiedene Baum- und Straucharten. Dabei ist die Integration gar kein so neuer Gedanke in Eberswalde, wie Bernhard Götz sagt. Schon vor hundert Jahren habe der Forstwissenschaftler Adam Schwappach Baumsamen von seinen Reisen mitgebracht und in märkische Erde gesetzt. Davon zeugen die heute erwachsenen Bäume. Im benachbarten Wald ist sogar ein aus Nordamerika stammender Mammutbaum zu finden.

Unter den Einwanderern sind aber auch Exemplare, die von nicht so weit herkommen. Aus 30 verschiedenen Regionen Europas stammen zum Beispiel die Rotbuchen, die die Wissenschaftler seit dem vergangenen Jahr beobachten. „Die Buche ist ein Wasserwerk – für den brandenburgischen, relativ trockenen Boden also von Vorteil“, sagt Bolte. Außerdem ist sie standfest und ertragreich. „Wenn wir herausfinden, wie anpassungsfähig die Buche ist, bekommen wir Hinweise auf Wälder, die dem Klimawandel trotzen können.“ Umweltinteressen spielen dabei eine wichtige Rolle, sagt Bolte. Aber auch wirtschaftliche Faktoren. Die Ansiedlung hat aber auch ihr Risiko: Nicht selten gebe es Konflikte zwischen Umweltschützern und Forstwirtschaftlern. Man könne schließlich nie so genau wissen, wie die heimischen Pflanzen sich mit den fremden vertragen. Ein Negativbeispiel: Eine nordamerikanische Traubenkirschenart bringt Kiefernbestände in Bedrängnis. Einmal angepflanzt, lässt sie sich kaum wieder vertreiben. Unter ihrer dichten Krone fehlt das Licht für andere Pflanzen.

Auch wegen des Anbaus nichtheimischer Baumarten wie der Douglasie aus Nordamerika gibt es Konflikte zwischen Forstwirtschaftlern und Naturschützern. „Die einen suchen nach allen möglichen Baumarten, die dem Klimawandel trotzen und gute wirtschaftliche Erträge bringen“, sagt Bolte. „Die anderen sind der Meinung, dass nur heimische Baumarten gepflanzt werden dürfen.“

Andreas Wilhelm

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