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Eisenhüttenstadt: Rathaus-Chef nach 16 Jahren abgewählt

Kandidatin der Linken siegt in Eisenhüttenstadt

Eisenhüttenstadt - In den Debatten über die Bundes- und Landtagswahlen ging ein spektakulärer Wechsel im Osten Brandenburgs fast unter: Eisenhüttenstadt wird künftig von einer Bürgermeisterin der Linken regiert. Dagmar Püschel siegte mit 53,4 Prozent. SPD-Mann Rainer Werner muss nach 16 Jahren seinen Posten räumen. Bei der letzten Stichwahl 2001 war die 48-jährige Grundschullehrerin dem vier Jahre älteren Juristen noch knapp unterlegen.

Bei Rainer Werner saß die Enttäuschung offenbar so tief, dass er sich nur auf einem Zettel an seiner verschlossenen Tür im Rathaus zu Wort meldete. Darauf bescheinigt er seiner Heimatstadt ein solides Fundament. „Eisenhüttenstadt hat die Erfolgsstory der Wende in Ostdeutschland geschrieben“, schrieb er. „Darauf sind wir stolz. Stahl macht uns stark. Neue Industrie ist dazugekommen.“

Tatsächlich kannte man den Mann mit dem markanten Schnauzbart von Dutzenden Demonstrationen für den Fortbestand des oft von der Schließung bedrohten Stahlwerks, das dem einstigen kleinen Fürstenberg in den 60er Jahren seinen Namen verlieh. Obwohl die Hochöfen noch immer rauchen, musste die Eisenhüttenstadt einen dramatischen Einwohnerverlust verkraften. Seit 1990 zogen 20 000 Menschen fort, so dass jetzt nur noch 33 000 in der Oderstadt leben.

Doch nicht allein die Unzufriedenheit der Einwohner und das 38-Millionen-Loch im Etat hat die Musiklehrerin Dagmar Püschel an die Rathausspitze gebracht. Geholfen hat ihr wohl auch die Kampagne, die ein in Eisenhüttenstadt geborener Moderator eines Münchner Tele-Shoppingsenders gestartet hatte. Mit der Internetseite und in zahlreichen Anzeigen kämpfte er gegen eine weitere Amtszeit Werners.

Die SPD reagierte mit hunderten Plakaten und einem von Matthias Platzeck unterzeichneten Wahlaufruf „Rainer Werner, wer denn sonst?“. Er sitze im Aufsichtsrat des Stahlkonzerns ArcelorMittal und verfüge über ausgezeichnete Kontakte in der Landes- und Bundespolitik, hieß es da.

Während die Chefin der SPD-Stadtfraktion, Ingrid Siebke, von einem Schock und einem „völlig unverständlichen Wahlergebnis“ sprach, blieb Dagmar Püschel, die bisher ehrenamtlich die Stadtverordnetenversammlung leitete, ganz gelassen. Sie wolle in Ruhe eine neue Streitkultur aufbauen und auf mehr Toleranz und Offenheit setzen, sagte sie. Und bis zur offiziellen Amtsübernahme Anfang Januar werde sie auch den Kontakt mit der Stahlwerksführung und anderen Unternehmen suchen. Claus-Dieter Steyer

Claus-Dieter SteyerD

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