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Brandenburg: Entwaffnend naiv

Seit gestern steht ein Firmenchef vor Gericht, der gepanzerte Jeeps in den Irak lieferte. Dass er dafür keine Genehmigung hatte, merkte nicht einmal der Zoll

Borkheide / Potsdam - Dieser Prozess, so heißt es bereits unter Juristen, sei ein Musterbeispiel für die Absurdität deutscher Bürokratie: Seit Freitag muss sich der Brandenburger Unternehmer Fred Stoof vor dem Potsdamer Landgericht verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft dem 44-jährigen Geschäftsmann aus Borkheide bei Beelitz vor, 2003 insgesamt 15 gepanzerte Jeeps Toyota-Landcruiser an britische Regierungsstellen im Irak geliefert und so gegen das Außenwirtschaftsgesetz verstoßen zu haben.

Der Prozess dreht sich um eine Formalie: Stoof hatte für die Jeeps keine Ausfuhrgenehmigung des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle, die er problemlos bekommen hätte – selbst aus Sicht der Staatsanwaltschaft. Am ersten Verhandlungstag berief sich der Unternehmer auf Unkenntnis. Er habe eine Dienstleistungsfirma eingeschaltet, die für seine Firma die Zollformalitäten erledige. Auf die habe er sich verlassen.

Stoof gilt als Erfolgsunternehmer. Seine Spezialfirma rüstet herkömmliche Jeeps in Sicherheitsfahrzeuge um, stattet diese mit satellitengestützten Navigationssystemen, gepanzertem Fahrwerk und Panzerglasscheiben aus, so dass sie selbst Maschinengewehrbeschuss oder die Detonation einer Mine überstehen. Seine Fahrzeuge fahren weltweit, ob für die UN, für das Rote Kreuz. Als im vorigen Jahr das neue Werk in Borkheide eingeweiht wurde, jubelte selbst Regierungschef Matthias Platzeck: Man fühle sich durch die Produkte der Firma Stoof „an den sagenumwobenen Aston Martin vom James Bond erinnert“.

Paradox: Die 15 Jeeps, die ihn jetzt auf die Anklagebank brachten, haben ordnungsgemäß die deutschen Zollkontrollen passiert. Auch die Beamten der Zolldienststelle Ludwigsfelde bemerkten das Fehlen der Ausfuhrgenehmigung nicht. Normalerweise werde dies geprüft, sagte ein Beamter am Freitag aus. „Wie soll ich denn schlauer sein als der Zoll selbst?“, sagt Stoof. „Wenn mich der Zoll auf die fehlende Genehmigung hingewiesen hätte, säße ich jetzt nicht hier.“ Er sei Handwerker, ein Unternehmer, der in Brandenburg 80 Arbeitsplätze geschaffen habe. Er gehe fest davon aus, dass er freigesprochen werde.

Für Staatsanwalt Christoph Lange ist der Fall einmalig: Der Straftatbestand im Außenwirtschaftsgesetz sei sehr eng gefasst und ziele allein auf die fehlende Genehmigung ab. Lange: „Nach dem Gesetz spielt es keine Rolle, ob die Waren an das Rote Kreuz oder an die Taliban geliefert werden.“ Da es um gewerbsmäßigen Handel gehe, liege sogar ein „schwerer Fall“ vor. Darauf stünden pro Tathandlung – es waren sieben Lieferungen – jeweils zwei Jahre Freiheitsstrafe. Schon jetzt sieht sich Stoof durch das Verfahren in seiner Existenz bedroht. „Der Schaden ist immens.“ Dennoch, in Borkheide läuft die Produktion: Und die Jeeps gehen, nun mit den nötigen Stempeln versehen, weiterhin in alle Welt.

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