zum Hauptinhalt

Brandenburg: Erste Anzeichen von Bedauern

Frankfurt (obs). Im Prozess um den Mord an Ulrike Brandt haben Zeugen den Angeklagten Stefan J.

Frankfurt (obs). Im Prozess um den Mord an Ulrike Brandt haben Zeugen den Angeklagten Stefan J. gestern schwer belastet. Am vierten Verhandlungstag vor dem Frankfurter Landgericht widersprachen sie Aussagen des Angeklagten, wonach er betrunken war und die Zwölfjährige am Stadtrand von Eberswalde versehentlich angefahren habe, bevor er sie entführte, vergewaltigte und erdrosselte.

Als ersten Zeugen befragte das Gericht einen 49-Jährigen, der am Nachmittag des 22. Februar mit seinem Hund nahe dem Waldweg unterwegs war, an dem später Ulrikes Fahrrad beschädigt gefunden wurde. "Ich hörte einen Kinderschrei. Ganz kurz und sehr laut", sagte er. Drei Minuten später habe er einen jungen Mann in ein Auto hasten und zügig losfahren sehen. Einen Zusammenhang habe er erst geahnt, als er von Ulrikes Verschwinden erfuhr: "Da ist mir klar geworden, dass es ein Angstschrei war." Nach seinen Angaben hatten die Ermittler ein Phantombild angefertigt und veröffentlicht. Vor Gericht sagte der Zeuge, dass der Autofahrer damals nicht betrunken wirkte. Das widerspricht J.s Darstellung, der vor der Tat fünf Dosen Bier und größere Mengen Schnaps getrunken haben will.

Ein anderer Zeuge kam wenige Minuten später an Ulrikes kaputtem Fahrrad vorbei. "Die Autospur daneben hat meiner Meinung nach deutlich gezeigt, dass der Autofahrer das Fahrrad geschnitten haben dürfte." Die frische Bremsspur im Sand müsse von einem nach rechts eingeschlagenen Vorderrad des Autos stammen, sagte der pensionierte Maschinenbau-Ingenieur. Detailliert beschrieb er die Umgebung der Unfallstelle: Rechts ständen die Bäume dichter am Weg als links. Die Autospur führte also eher zu den Bäumen hin als von ihnen weg. Ein weiterer Zeuge beschrieb die Spuren ähnlich. J. hatte dagegen stets erklärt, er habe Ulrike versehentlich angefahren, weil er unaufmerksam war und dann ruckartig den Bäumen ausweichen wollte. Einen unmittelbaren Unfallzeugen gibt es offenbar nicht. Auch die gestern Befragten meldeten sich erst bei der Polizei, als die Suche nach dem Mädchen schon begonnen hatte.

Auf die Frage der Vorsitzenden Richterin, wie er sich nach dem Kindermord gefühlt habe, antwortete J.: "Nicht so gut. Denn das war Scheiße, was ich gemacht habe. Das hätte nicht sein müssen." Damit hat der Angeklagte vor Gericht erstmals seine Taten zumindest ansatzweise bedauert. Reue zeigte er aber auch gestern nicht.

Der Prozess wird heute fortgesetzt.

obs

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false