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Brandenburg: Es läuft und läuft und läuft

Hahn oder Flasche? Eine Glaubensfrage rund ums Trinkwasser

Berlin - Das Statistische Bundesamt begeht den heutigen Internationalen Tag des Wassers eher trocken. Die Zahlenmeister haben errechnet, dass die öffentlichen Abwasserkanäle in Deutschland zusammen 515 000 Kilometer lang sind. Welche Konsequenzen das für uns Verbraucher hat, haben sie nicht mitgeteilt.

So gesehen ist die Berliner Gastronomie näher am Kunden. Speziell Mohammed Asif, der als Geschäftsführer des Restaurants „100 Wasser“ in der Simon- Dach-Straße seine Gäste warnt: „Das Friedrichshainer Leitungswasser ist nicht besonders. Bisschen muffig im Nachgeschmack .“ Wenn Gäste darauf bestehen, bekommen sie es, aber er halte sich lieber an Stilles aus der Flasche: „Wie das den Hals runtergeht – ein Unterschied wie Tag und Nacht.“ Sechs Wässer stehen auf der Karte, wobei Evian und Römerquelle besonders gefragt seien.

Letztere stehen für den Trend zum Importwasser, den die Stiftung Warentest wegen der langen Transportwege als ökologischen Unsinn geißelt und der Verband Deutscher Mineralbrunnen angesichts der mehr als 770 anerkannten Mineralquellen in Deutschland mit Unbehagen sieht. Insgesamt bleibt der Mineralwasserverbrauch der Deutschen mit 127 Litern pro Jahr und Kehle aber stabil. Der Verband beobachtet, dass der Marktanteil des – typisch deutschen – Sprudels auf 50 Prozent gesunken ist, während stille Wässer immer stärker gefragt sind. Könnte man dann nicht doch Leitungswasser trinken? „Nein! Das ist ein Riesenunterschied“, ruft der Verbandssprecher und erklärt: „Mineralwasser ist ja ein reines Naturprodukt.“

„Unser Leitungswasser ist ja ein reines Naturprodukt“, sagt auch Stephan Natz von den Berliner Wasserbetrieben, als wäre die Sache nicht schon kompliziert genug. „Das Thema Mineralien ist überbewertet“, erklärt er dann. Was aus Berliner Leitungen komme, enthalte mehr Kalzium und Magnesium als viele Mineralwässer, und zur Mineralienversorgung dienten ohnehin in erster Linie Milchprodukte. Fakt sei: „Mineralien sind Geschmacksträger“, und „kein anderes Lebensmittel in Deutschland wird so streng überwacht wie Leitungswasser, weil es am Anfang der Nahrungskette steht.“

Etwas abseits der typischen Nahrungskette steht die Wasserkarte des Hotels Adlon mit ihren 42 Posten. Lavagereinigter Regen aus Oahu, Hawaii (18 € pro Liter) findet sich dort ebenso wie solides Gerolsteiner (0,75 Liter für 9,50 €) und japanisches „Rokko No“. Das wurde berühmt, weil es den Seeleuten auch auf großer Fahrt nicht faulte. Die 62 Euro für den halben Liter resultierten aus den sehr kleinen Liefermengen. „Es gibt Leute, die trinken das mal aus Neugier“, sagt eine Adlon-Sprecherin. „Aber man kann da keine Unterschiede feststellen wie bei Wein.“ Entsprechend pragmatisch gehen speziell italienische Gäste das Thema an: Sie ordern Leitungswasser. Der Hotel- und Gaststättenverband beobachtet diese Gewohnheit auch bei Asiaten und Amerikanern, aber Gastronomie-Experte Klaus-Dieter Richter sieht keinen Trend zum Hahn. Eher zum Tuning als Apfel- oder Weinschorle. Man könnte sagen, das Wasser ist in der Mitte der feinen Gesellschaft angekommen.

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