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Brandenburg: „Es wird auch bei Sozialausgaben zu Einschnitten kommen müssen“

PDS-Chef Christoffers: Wir müssen uns von heiligen Kühen trennen

Sie wollen 2004 die SPDCDU-Koalition durch Rot-Rot ablösen. Wo liegt der Reiz für die PDS mitzuregieren, wenn der Rotstift regiert?

Zunächst ist ein gutes Abschneiden der PDS bei der Landtagswahl vorrangig. Der Reiz einer Regierungsbeteiligung für eine linke Partei besteht darin, in einer schwierigen Situation soziale Politik zu machen und dabei trotzdem den Haushalt zu sanieren. Das ist eine besondere Herausforderung.

Aber in Berlin hat die mitregierende PDS dramatisch an Zustimmung verloren.

Die Situation in Berlin ist eine besondere. Nachdem die große Koalition das Land an den finanziellen Abgrund geführt hat, muss Rot-Rot Berlin aus der Krise führen. Die tiefen Einschnitte stoßen natürlich auf Widerstand. Die PDS sammelt in Berlin wichtige Erfahrungen, von denen wir profitieren.

In Brandenburg ist die Haushaltslage ebenso dramatisch: Bisher aber kritisiert die PDS die geplanten Sparschnitte, legt aber kein eigenes Sparkonzept vor.

Die PDS wird nur glaubwürdig sein, wenn sie ein haushaltspolitisches Profil entwickelt und ein eigenes Konzept vorlegt. Wir arbeiten daran, wir haben Vorschläge zum Umbau der Förderpolitik gemacht. Das knappe Geld muss intelligenter ausgegeben werden. Generell muss sich Brandenburg von der Illusion verabschieden, dass eine wirtschafts- und finanzpolitische Stabilisierung innerhalb einer Legislaturperiode zu schaffen ist.

Sie wollen die Sanierung strecken?

Es geht objektiv gar nicht anders. Angesichts der labilen Wirtschaftslage brauchen wir mindestens bis 2010. Das heißt aber: Wir müssen 2004, möglicherweise auch danach, damit leben, dass der Haushalt nicht verfassungskonform ist, also die Nettokreditaufnahme die Investitionen übersteigen wird.

Sie halten es für einen Fehler, dass SPD-Regierungschef Matthias Platzeck die Verfassungsmäßigkeit gewährleisten will?

Ja, aber es wird in der Praxis nicht gelingen. Wenn doch, befürchte ich irreversible Schäden für die Strukturen des Landes.

Die PDS lehnt bisher Sozial-Kürzungen ab.

Alle werden sich von heiligen Kühen trennen müssen, auch die PDS, zumal sich die Situation durch die demografische Entwicklung und die Abwanderung aus den Randregionen verschärft. Wir werden Standards senken müssen, wir werden nicht jede Schule erhalten können. Es wird auch bei den Sozialausgaben zu Einschnitten kommen müssen.

Auch bei den hohen Kita-Standards?

Das wird wohl so kommen, zum Beispiel bei baulichen Standards von Kitas, die nicht so hoch sein müssen. Aber: Eine flächendeckende Kinderbetreuung muss sichergestellt werden. Das muss nicht teuer sein.

Ein Streitthema ist der Sparbeitrag des öffentlichen Dienstes: Sollen Urlaubs- und Weihnachtsgeld gekürzt werden?

Ich halte es für einen Fehler, die Verhandlungen mit der Drohung betriebsbedingter Kündigungen zu beginnen. Die Gewerkschaften sind verhandlungsbereit, weil sie die Haushaltssituation kennen. Ich denke an das Aussetzen von Gehaltssteigerungen oder das Verkürzen von Arbeitszeit. Die unteren Einkommen sollte man weniger stark belasten.

2006 soll über die Länderfusion abgestimmt werden. Ist der Termin noch realistisch?

Nein. Eine Zustimmung bei der Volksabstimmung 2006 ist wegen der Haushaltskrise in beiden Ländern fraglich, dies sollte offen ausgesprochen werden. Eine erneute Niederlage muss aber ausgeschlossen werden, weil es keinen dritten Anlauf geben wird. Die Abstimmung kann auch nach 2006 stattfinden. Trotzdem sollte man an einer möglichen Fusion 2009 festhalten, weil sie aus rationalen Gründen notwendig ist.

Interview: Michael Mara und Thorsten Metzner

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